Mittwoch, April 05, 2006

Gibt es ein Leben nach der Politik ?

Ja, es gibt es.

Gestern bin ich von all meinen politischen Ämtern in Wachtendonk zurück getreten. Eine Entscheidung, die eigentlich schon länger fällig war. Viele bedauern das. Aber ich kann nicht weiter, wenn sich innerlich alles sträubt. Als Fraktionsvorsitzende des Wachtendonker Bürgervereins steckt viel Herzblut darin und langsam verstehe ich auch einen Mann namens Luther, der laut klagte, dass er die richtigen Leute nicht habe um seine Kirche zu bauen.

Sicherlich, die richtigen Leute wird es nie geben und gerade die Politik ist die Kunst der Kompromisse. Diese darf man jedoch nicht so weit treiben, sein eigenes Profil zu verlieren. Gerade als Bürgerverein war man doch angetreten, es anders zu machen. Herausgekommen ist dasselbe, was man auch bei SPD und CDU erleben kann. Interne Konflikte, die nicht ausgetragen werden. Ein beschämendes Ergebnis von Politik, wenn man je länger je mehr mit sich selber beschäftigt ist. Das erinnert so fatal an die Situation in den Unternehmen, die auch den Kunden vergessen über der Möglichkeit, auch nur einen Cent einsparen zu können.

Die Kosten sind enorm. Vertrauen und Kreditwürdigkeit. Überhaupt die Möglichkeit, anderes wahrzunehmen als sich selber. Wahrscheinlich stimmt es sogar und Politik - gerade die hiesige Kommunalpolitik - ist eine Versammlung von Eitelkeiten und geborenen Narzissten. Dass man mich dort selbstverständlich hinzuzählte, braucht hier nicht eigens erwähnt zu werden, zeigt aber, dass man stets von sich selber dachte und beurteilte, was andere taten.

Schlimm wurde es dann wirklich in der letzten Fraktionssitzung, wo man gar nicht mehr bereit war, inhaltlich zu arbeiten. Ich war ja fast schon an so ein masochistisches Innenverhältnis gewohnt, dass man für die Arbeit, die man leistet auch noch getreten wird. Es sind die Männer - immer wieder - die sitzen bleiben und entscheiden wollen. Urteilen müssen über das, was andere machen, ohne doch selber zu Aktionen zu kommen. Das ist ein Virus in Wachtendonk, der ernsthaft in der Politik grassiert und den man kaum bekämpfen kann. Wahrscheinlich gibt es kein Mittel dagegen und man muss sich verhalten wie damals, als das Penecillin noch nicht erfunden war.

Also ist der Bürgerverein mutiert zu etwas, was man überall bekommen kann. Und wer exponiert nach aussen steht, kann das nicht dauerhaft und sinnvoll machen, wenn man keine eigene Unterstützung erhält. Sicherlich haben viele gedacht, die starke Karin sein "unkaputtbar" - eines der schönsten Worte aus dem Ruhrgebiet. Aber das ist sie nicht und es zeigt schon den Notstand an, dass ich vorab noch nicht mal mit irgend jemanden über meinen Schritt reden konnte. Das ist dann so, wenn man nicht bereit ist, sich locker zu halten und den Ärger aus den Kleidern zu schütteln.

Nun habe ich mich für den Blogg vom Niederrhein entschieden und werde auch zum Schreiben zurück kehren. Die Energie und die Berichte sollten bleiben und die Alltagssprache ist allemal ehrlicher und wahrer, als die gestelzte politische Forderung. Man muss bei den Menschen bleiben, will man Geräusch erzeugen. Dass der Gemeinderat eine virtuelle Veranstaltung wird, ein um sich selber kreisendes Etwas, das war zuvor schon klar. Und man war angetreten, dies zu ändern und landete dort, wo man nicht hin wollte. Eine bittere Erfahrung, aber früh genug, noch etwas draus zu machen.

Nachts schreibe ich dann hier. Wenn die Gedanken kreisen oder ich einfach nicht einschlafen kann. Das passiert schon mal, habe ich doch auch andere Sorgen, die mich umtreiben können. Nun werde ich mich mehr auf meine Praxis besinnen müssen. Und die, die war schon immer nahe bei den Menschen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Guten Morgen Frau Kammann,
ihr blogg ist ganz wunderbar. Ein ästhetischer Genuß. Und das Lesezeichen ihrer Kunst verschenkenden Freundin wird mich als Motto durch diesen Tag begleiten.

Ihre Entscheidung, aus der
Politik auf einen Beobachtungs- und Schreibposten zurückzukehren, kann
ich gut verstehen. Ich bin nach 13 Jahren Kommunalpolitik zutiefst davon überzeugt, dass die größte Hilfe zur Verbesserung der Verhältnisse darin bestünde, einfach aufzuhören, sie durch diese Art von Politik immer weiter zu verschlimmern.

Politik als Totentanz.
Respekt.

Ihnen alles Gute
Wolfgang

Anonym hat gesagt…

Die Interna des WBV mag ich nicht bewerten, da muss schon jede Gruppe mit sich selbst klar kommen, und wenn Du das jenseits der Erträglichkeitsgrenze fandest, ist Dein Schritt konsequent.

Den WBV Gestus, wir sind die besseren und machen alles anders, fand ich, Du wirst Dich erinnern von vorneherein eher albern.

Wir sind durchaus froh, dass mit Hilfe von WBV und WWG die starre Front der CDU aufgebrochen wurde.

Die Rituale die Du beschreibst gibt es bei uns als Grüne (in Wachtendonk) übrigens nicht, dazu arbeiten wir wohl schon zu lange und mit gemeinsamem Interesse zusammen.

Wie dem auch sei, schade, ich fand, auch wenn ich nicht immer jeden Ansatz verstanden habe, Deine Teilnahme belebend.

Ich bin auch der festen Überzeugung, dass bei ausreichend gutem Willen, den ich bei Vielen feststellen kann, im kommunalen Bereich sehr gute Politik gemacht werden kann. Mehr Beteiligung aller wäre aber sicher gut, und nicht aus dem bequemen Fernsehsessel einmal im Jahr allgemeines Geschimpfe loslassen.

Ludwig