Mittwoch, April 05, 2006

Oh Lord, won´t you buy me a Mercedes Benz

Die Musik noch im Ohr, während ich den Benz starte. Das Blubbern der sechs Zylinder, Woodstock und Janis Joplin. Irgendwie geht das zusammen, auch wenn mich viele für verrückt erklärt haben. Ein dreiundzwanzig Jahre alter Benz, was willste denn damit?

Bei der örtlichen Calpam Tankstelle konnte man sich der Kommentare nicht erwehren, als ich zum ersten Mal vorfuhr. „Kaum inne Politik was geworden und jetzt fährt sie nen dicken Benz.“ So denkt man hier und lacht dabei. Eigentlich wissen wir alle von unseren Sehnsüchten und müssen sie neiden oder anerkennen – ein Zwischenweg ist kaum möglich.

Sicherlich, der Kopf sagte mir: „Lass es sein“ – aber wie immer hat sich der Bauch durchgesetzt und sich entschieden. Nun steht er da, wie ein Momument, eine Herausforderung. Blech in guten Lack. 1.8 Tonnen deutsche Wertarbeit. 185 Pferdestärken, eine ganze Herde. Schwer zu bändigen. Noch schwerer zu bewegen.

Der Kopf kann keine Kompromisse machen. Das Herz schon. Und so erbarmte ich mich und spendierte dem Wagen – Hubi wird er genannt, weil alle Fahrzeuge bei uns mit H beginnen – eine Gasanlage. Mit 2.8 Liter verfügt er über schlicht unvorstellbare Maße an Hubraum. Umgerechnet sind das fast drei Milchtüten. Wer weiß schon davon. Und 15 Liter Verbrauch sind happig und künden von Konten, die anders aussehen als meines zur Zeit.

Im zweiten Anlauf ist er nun über den TÜV gegangen. Nachts ertappe ich mich dabei, wie ich bei ebay krampfhaft nach Ersatzteilen suche. Man wird Jäger und Sammler, unweigerlich und denkt, die Versorgungslage sei gut. Als ich aber für über 80 Euro neue Fensterdichtungen ersteigern musste, kam man doch ins Grübeln, ob man beim Besitz eines Benz nicht doch wieder mit Beten anfangen sollte.

Die Dichtungen aber müssen sein, sonst dringt Rost ein und die Türen bekommen diese bekannten, kleinen braunen Nadelstreifen an den unteren Türen – alles andere als ein Zeichen von Noblesse.

Schaffelle liegen auch noch auf der Rückbank und warten darauf, eingesetzt zu werden. Ein Muss für ein Benz diesen Alters. Seit gestern quietsch die Benzinpumpe, ein unerträgliches Geräusch auch für meine Nachbarn, die sich sicherlich schon wünschen, der Benz würde gar nicht mehr bewegt.

Ich weiß nicht, ob ich stolz sein soll oder mich der Unvernunft schämen müsste. Auf jeden Fall habe ich gerade eine Benzinpumpe zum Ersteigern entdeckt. Ihr verzeiht, wenn ich jetzt aussteige um weiter zu bieten. Noch steht der Preis bei 17,90 Euro. Aber es sind ja noch sieben Tage bis zum Zuschlag.



P.S.: Natürlich für Fans, die es wissen wollen. Es ist ein W123 Coupe. Baujahr 1983. Also volljährig. Auf weitere Abenteuer darf man gespannt sein.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Karin,
gut, dass ich meine Beerdigung für heute Mittag schon fertrig habe! So bleibt mir im Büro Zeit für solche news wie deine...

Ich kann deine Autoleidenschaft durchaus teilen, habe mich aber noch nicht getraut, dem nachzugehen...

Selig sind die Verrückten, denn sie werden sich nie langweilen...

Übrigens lebt mein Sohn Manuel die familiäre Autoleidenschaft weiter. Er hat einen roten Käfer seines Alters (26). Den darf ich mir mal leihen, wenn er in Ferien ist. Das Geräusch dieses Motors ist für mich wie eine Kinderwiege, denn ich verbrachte meine ersten Lebensjahre auf der Rückbank des Käfers, mit meinen Eltern quer durch Deutschland auf den Geschäftsreisen meines Vaters.

Viel Spaß beim Steigern und fahren und Frühling am Niederrhein,
Renate