Mittwoch, Mai 26, 2010

Was nachdenklich macht ...

Ich weiß nicht, wer es war, der es sagte.
Ich weiß nicht, wann ich es zum ersten Mal hörte.

Aber irgendwie schnappte es sofort ein bei mir. Ein Satz, der Spuren hinterließ und mehr als ein Echo. So wie es selten geht und vor allem nicht dort, wo es sein sollte.

Immerhin erinnere ich ihn jetzt, da ich lese von den Folgen des Handelns.


Jemand sagte einmal:

Hier lebt jetzt die erste Generation, die prinzipiell nicht bereit ist, die Folgen ihres Handelns zu tragen.

Da musste ich schlucken erst mal.
Und zustimmen, so schwer es einem fällt.

So war das doch früher: was Du in die Welt setzt, kommt irgendwann zurück. Das nannte man Tun-Ergehens-Zusammenhang und wurde dann über den Begriff der Schuld in der Theologie entsorgt. Schuldig durfte man sein. Aber keine Schuld mehr tragen. Oder gar Verantwortung übernehmen.

Schon damals vor 10 Jahren kam mir die Idee, eine Sündenbock Agentur zu gründen. Also eine Agentur, die genau das macht, was andere nicht mehr wollen. Sündenbock sein. Blitzableiter. Verantwortlich.

Schuld, wenn sie nicht angenommen wird, vagabundiert.

Macht sich unsichtbar breit, lähmt, macht handlungsunfähig. Dieses Volk hat schon einmal Erfahrungen damit machen können - aber nichts gelernt. Je länger ich nun auf diesem Satz herum kaute, desto mehr kam mir die Rede von der Verhaftung der Zukunft in den Sinn.

Die Schrottplätze von heute liegen in der Zukunft.

Verschuldungen, die kein Mensch mehr tilgen kann. Wer soll da noch Zukunft denken wollen oder können. Eine Umwelt, die erschöpft ist - Wort wörtlich - am Ende der Schöpfung er-schöft. Keine Chance mehr, sich zu regenieriern.

Die Verhaftung der Zukunft schreitet immer unaufhaltsamer voran. Was man früher als Zukunft begriff, ist heute schon verplant, reguliert, mit Schuldendiensten versehen. Karl Valentin sagte dazu: Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie früher mal war.

Manches Lachen bleibt im Halse stecken. Wohin wir gehen, weiß niemand. Nur dass es weiter geht, scheint das Handeln zu bestimmen. Und was kommt, wird expediert. Nach vorne - wohin sonst.

Etwas nachdenklich heute.




Freitag, Mai 14, 2010

Eva war es ....

... unfassbar waren die Bilder diese Woche der drei Konzernchefs, die für die größte Ölkatastrophe im Golf von Mexiko verantwortlich sein sollten. Drei gestandene Chefs von multinationalen Konzernen. Drei gleiche Antworten. Der andere war es.

Dieser Zeit mangelt es an Menschen, die Verantwortung übernehmen. Und immer noch ist der erste Satz, der Adam über die Lippen kam, als er vom Baume der Weisheit und Erkenntnis gegessen hatte, dieser lapidare: Eva war es.

So banal. Ebenso verführerisch wie die Schlange.
So borniert. So wenig wahr. Eva war es.

Nun wird es Zeit, dass Eva aufsteht und sagt: Nein, Adam. Und beginnt, selber Führung zu zeigen. Armer Adam, der nichts anderes lernen konnte als mit dem Finger auf andere zu zeigen. Nun wird die Folge der Tat auf ihn zurück kommen. So wie nicht gedacht. Weil auch Zukunft kein Schrottplatz mehr sein darf.

Mit solchen Männern kann man nichts mehr anfangen. Oder, wie meine Tante Änne neulich sagte: Wir haben hier die erste Generation von Männern, die nicht mehr für die Folgen ihrer Tat verantwortlich sein wollen.

Schade denke ich da, ist doch alles Verstehen auf Frage wie Antwort angewiesen. So agieren blinde Menschen an ihren blinden Flecken, um die Welt uns zu erklären.

Ein Bohrloch sprudelt.
Und niemand ist schuld.
Oder immer einer: der andere.

Nennen wir ihn Eva. Wie damals schon.


P.S.: Mit den Sondierungsangeboten zur Koalitionder FDP in NRW verhält es sich genauso. Hauptsache, die anderen sind schuld. Gut, das fest gestellt zu haben. Das ist eine schier unfassbare Ignoranz von Geschichte und eigener Verantwortung. Kein Wunder, dass es in den Führungsetagen nicht anders aussieht. Blasen müssen nun die Verantwortung tragen. Bis zu platzen.

Wahrscheinlich war auch das - na Sie wissen schon - Eva.
Wer denn sonst ...






Dienstag, Mai 11, 2010

All in

Komisch ist es ja schon. Da schreibe ich im letzten Jahr mir die Finger wund in Erwartung eines Crash der Finanzmärkte, überlege mit, wie wir unser Leben neu gestalten sollten und müssten, welche Ressourcen dazu nötig wären - und es passiert einfach nichts.

Wie mit der Krise umgehen? - diese Frage wurde dadurch beantwortet, dass sie nicht spürbar wurde, zumindest für einen großen Teil nicht. Sparmaßnahmen, Einschnitte in die soziale Wirklichkeit aber auch erwachende Solidarität und Bewegung wurde der massive Stillstand entgegen gesetzt.

Man bewegte nichts.

Bis die Wahlen in NRW entschieden sein sollten.
Bis die Steuerschätzung eintrifft.
Bis man Daten habe.

Dazwischen blieb ein - so konnte man annehmen - folgenloser großer Kinderspielplatz, auf denen sich die politischen Jungspunde mal austoben durften. Die schlimme Wirklichkeit immer noch in der Hinterhand. Wehe wehe, wenn ich auf das Ende sehe.

Wer redet heute noch von der Bürgschaft von über 100 Mrd Euro, mit denen die HRE gestützt werden musste? Wer von der Verhaftung der Zukunft, mit der wie unsere heutigen Löcher schon gestopft haben? Oder von der IKB, wo ich jahrelang morgens auf meinem Weg in den Medienhafen vorbei gefahren bin?

Niemand, allenfalls von deren Chefs, die dennoch ihre Millionen schweren Gehälter und Boni einklagen wollen, weil sie sich keiner Schuld bewusst sind. "Das hat niemand kommen sehen!", und so exkulpiert sich eine ganze Führungsriege, dabei wäre es doch darauf angekommen, dass irgendjemand mal für irgendetwas Verantwortung übernähme. Eine Sündenbock Agentur, wie ich sie immer mal gründen wollte, hätte heute Hochkonjuktur. Statt dessen liefete man Gedankenspiele ohne Umsetzung. Reden, um Geräusche zu machen. Luftschläge in eine Zukunft, die schon längst verspielt war. Eine Heimspiel für die Liberalen.

Und nun bewegt es sich wieder. Das große Rad, das gedreht wird. Die Pokertische an den Finanzmärkten sind neu besetzt.

ALL IN - schallt es nun aus Brüssel.

Wenn man die Zocker nicht regulieren kann, zockt man selber mit. Kein schlechter Gedanke. Notwendig geradezu.

Ob eine solche Operation gut geht, wissen wir nicht. Noch nicht. Aber alle moralischen Kategorien und politischen Bedenken sind auf einmal beiseite gefegt. Die EZB zum Bluthund gemacht. Man legt alles auf den Tisch und hofft, mit diesem Bluff erfolgreich zu sein.

Mutig und verwegen, immerhin.

Denn schon längst schon hat sich diese Wirklichkeit vom realen Leben der Menschen abgekoppelt. Hypnotisch (hypnos, gr = Schlaf) verfolgen wir, was oben entschieden wird. Eine solche angespannte Ohnmacht drängt wieder zum Schreiben.

Um irgendwie wach zu bleiben, gegen diese Lähmung.



Denn alles, was wir bisher gedacht hatten, kommt anders.

P.S.: Tatsächlich sind die ersten Nutznießer dieser Maßnahme mal wieder die Banken und das gleich doppelt: erstens kaufen sie nun staatlich verbriefte Staatsanleihen auf - was an und für sich keine Leistung ist, obwohl Herr Ackermann das als honorige Geste und Beteiligung sieht. Und zweitens stiegen gestern die Kurse genau dieser Banken zweistellig.