Donnerstag, November 23, 2006

Der Trauer das Wort reden

Manchmal kommt es doch noch vor, dass ich Traueransprachen halte. Nicht für die Kirchenmitglieder, die haben ihre eigenen Pfarrer. Und die wiederum ihre eigenen Geschichten mit den Bestattern. Ich halte sie für grad mal für die, die aus der Kirche ausgetreten sind. Die keine Konfession haben oder haben müssen.

Für mich ist es eine alte und gute Übung, die ich gerne mache. Trauerreden haben mit Menschen zu tun, die verschwunden sind. Die nicht mehr greifbar sind, aber irgendwie doch noch da. Daher geht es bei dieser Arbeit auch um Präsenz und Wahrnehmung. Viele fragen mich dann ganz verwundert: Trauerreden - so was machst Du gerne? Ist das nicht zu traurig? Und ich sage: Nein, nicht unbedingt. Ganz im Gegenteil, es ist hoch interessant.

Gefordert wird man immer wieder durch den Anlass. Zu fast 99.8% kenne ich die Verstorbenen nicht. Ich bespreche somit Menschen, die ich nicht kennen gelernt habe, deren Lebendigkeit sich mir entzieht und deren Berichte vom Leben mir nur aus zweiter Hand zu kommen. Filtergeschichten sozusagen, niemals unmittelbar. Nie gibt es einen direkter Eindruck. Eine Begegnung ist ausgeschlossen.

So fertige ich Reden für die, deren Eindruck sich nur nach dem Verschwinden öffnet, deren Existenz nur noch aus den Rändern des Vermissens, des Fehlens sich rekonstruieren lassen kann. Es ist tatsächlich eine Unbekannte ohne Gleichung in der Zeit. Eien akribische Arbeit mit Menschen, die anfangen zu trauern. Ganz im Hier und Jetzt.

Die Herausforderung jeder Rede ist es, den Verstorbenen vor den Augen der Trauernden wieder lebendig werden zu lassen. Ihn oder sie so ansichtig zu machen, das ein Erkennen sich vollzieht. Ein Wiedersehen als Abschied. Das ist für die die Grundherausforderung: Dass ich einem Menschen potraitiere. Als Schraffur, nie ganz erschöpfend. Es ist zugleich der Akt, einen Menschen in einer letzten, öffentliche Sprachhandlung sie zu würdigen. Seiner letzten.

Erst über die Ränder einer Existenz hinaus entsteht der Eindruck einer Person. Aus den Gesprächen, die man mit den Hinterbliebenden führt. Manchmal auch aus Bilder, die man einsehen kann. Aber immer noch aus diesem Echo der Seele, das mir in den Gesprächen entgegen kommt. Aus dem, was jetzt fehlt und gestern noch da war. Ein echtes Inter-esse, Dazwischen Sein.

Manchmal muss man detektivisch unterwegs sein. Sehr genau hinhören auf die Zwischentöne; es aushalten und nicht mit vorschnellen Schablonen hantieren, bis sich ein erstes Bild eines Menschen sich zusammen setzt. Manchmal ist es auch nur ein Fragment, eine kleine Besonderheit wie die, dass ein Selbstmord in Mülheim Ruhr noch nicht mal in der Zeitung berichtet wurde. Vergessen bis über den Tod hinaus ... das war der Schlüssel, um eine Person in ihrer Tat zu verstehen. Sie zu würdigen und in der Ansprache die Nachricht nach zu liefern, die die Zeitung nicht bringen wollte.

Immer findet sich, was mich berührt. Und so lange bleibe ich auch im Gespräch. Bis bei mir der Eindruck wächst, ich kann etwas sagen. So lange sitze ich da als eine Fremde in einer Familie oder auch mitten drin, umgeben von fremden Menschen, die mir Geschichten erzählen, um die ich sie nicht gebeten habe. Eine merkwürdige Situation ist das, schnell vertraut und nah.

Das zu leisten ist nicht einfach und das wieder umzusetzen in Worte ist oft eine Herausforderung, der man gewachsen sein muss. Gehört habe ich schon, dass man inzwischen auch Trauerreden zum Discount-Preis bekommen kann. Für 100 Euro eine Auflistung der Lebensdaten. Von Geburt bis Ausgang. Wie eine beigelegter Lebenslauf bei einer Bewerbung über den Tod hinaus. Herunter gelesen wie eine Agenda oder die Aufstellung einer Fußballmannschaft. Morgen spielt ihr wieder weiter ...

Hier am Niederrhein haben wir inzwischen bis zu dreizehn Trauerredner, die sich um diese Arbeit bemühen. Das ist viel und es wird weiter zunehmen. Zu finden sind pensionierte Lehrer ebenso wie ein Krankenpfleger, der in der Nachtschicht sich vorbereitet. Auch eine Kunsttherapeutin, die dann Werbung für ausdruckstarkte Trauerkurse betreibt, sowie viele andere tummeln sich da.

Das Berufsbild des Trauerredners ist nicht beschrieben. Es ist gut so, weil nun viele unterschiedliche Berufe sich dort zusammen finden, eben auch die entlaufene Pastorin, wie ich es bin.

Unerträglich wird eine Ansprache, wenn sie Distanz nicht wahren kann. Wenn der Redner selber sich als Betroffener ausgibt, ohne es zu sein. Solches habe ich einmal bei einem Pfarrer erlebt und es war ein theaterreifer Mimikry, der sich da abspielte. Sicherlich überzeugend, aber das Grundgebot der Trauerrede aufs Schlimmste missachtend. Und das heißt: Du musst den Menschen ihre Gefühle lassen. Er nahm mit seiner Inszenierung den Trauernden die Gefühle. Er war der Trauernde und nicht mehr die Angehörigen. Und das sollte niemals geschehen. Also merke: eine gute Trauerrede erkennt man daran, dass die erste Reihe weint. Wenn nicht, so sage ich immer, habe ich etwas falsch gemacht.

Denn der Unterschied bleibt heilsam. Ich bin nicht von diesem Tod betroffen. Ich bin nicht Trauernde. Deswegen kann ich reden - stellvertretend für die, die es jetzt, in diesem Moment nicht mehr können. Denen der Tod die Sprache verschlagen hat. Die Trauerrede ist und bleibt stets ein stellvertretendes Tun. Ein dienendes. Wer das missachtet, begreift nichts von seiner Aufgabe.

Sicherlich gibt es auch Verunsicherungen. So wie bei meinem letzten Auftrag. Da hieß es: Passen Sie auf, Frau Kammann. Bei der Familie sind noch Rechnungen offen. Nehmen Sie besser Vorkasse. Und das tat ich, als ich die Mutter und Oma zum Urnengrab begleitete. Auf die Anmietung der Trauerhalle hatte man schon verzichtet; verständlich sogar, wenn man bedenkt das das teurer sein soll als meine Ansprache selber. Die Urne mit der Oma wollte man allerdings dann doch nicht ohne ein paar Worte selbst in die Erde versenken. Also kam ich dran.

Während man mir also diskret den Umschlag mit meinem Honorar zusteckte, wartete um die Ecke eine kleine, bescheidene Trauergemeinde. Familie vertraulich dekliniert. Gerade mal acht Personen. Dazwischen und besonders auffällig zwei Jugendliche. Schwarze Springerstiefel. Schwarze Jeans. Schwarze Bomberjacke. Kahle Schädel mit einer Tätowierung. Oh Mann, dachte ich. Genau die, denen ich niemals begegnen wollte. Nun standen sie in stattlicher Größe vor mir. Einer trug die Urne in der Hand.


Was sollte ich anders tun als das, was ich immer tat?

Also ging ich mit, schweigend Schritt für Schritt. In meinem Kopf sammelten sich die Phantasien. Liefen voll, liefen über ... keine Antwort auf alle Fragen. Als wir ans Grab kamen, stellten sie die Urne ab. Ich öffnete meine Ansprache und las tapfer daraus vor. Satz für Satz langsam, nur nicht zu schnell. Das sie meine Angst nicht merken. Denn noch bin ich nicht auf der Flucht.

Als ich durch kam und bis ans Ende, dort wo auch ich bete - wenn gewünscht - und noch einmal das Leben ausspanne zwischen Schuld und Vergebung, schaute ich kurz hoch. Die beiden direkt an. Ich mochte es nicht glauben. Dicke Tränen rollten über geröteten Wangen. Ja, der größte Feind sitzt immer innen. Die Gefühle, die man sonst nicht zeigen darf. Und der innere Feind war diesmal nicht zu besiegen. Gut so. Die Urne wurde in die Erde gesenkt und für einen Augenblick schien friedlich die Sonne auf alle Versammelten. Das letzte gute Werk der Oma, dachte ich noch und trat dann zwei Schritte zurück.



Montag, November 20, 2006

Wenn alles Leben zählt. Oder sag mir: Was kommt nach dem Tod?


NachdemTod
kommt VordemTod.

Und VordemTod kommt Töten.
Und VordemTöten kommt die Angst.

Die Angst
all derer, die ihren Tod nicht empfangen haben.
Sie wurden gekillt, getötet, geschlachtet im Namen der Menschlichkeit.
In einem Augenblick.

Müssig zu sagen was nach dem Tod kommt
wenn nicht vor dem Tod das Leben
ist und bleibt
und kommt

Mich empört die Kultur des Todes,

die Interessen durchsetzt
auf Kosten anderer

die Macht installiert
ohne Rücksicht auf Verluste

die Menschen entleibt
und anhängig macht

die Armut produziert
und in Seelen eingraviert

die Gewinne einfährt
aber nur für sich

die Soldaten installiert
statt eigenem Mut

Nach dem Tod ist
immer vor dem Tod
und Leben lohnt sich
immer wieder
noch
vor
dem
Tod
an sich.

Erst danach
werden wir schweigen

Auch für uns und alle
anderen
stille sein
anundfürsich

Verwandelt im
Augenblick.

Doch
erst danach.

Erst
NachdemvordemTod

wenn alles Leben zählt.



Freitag, November 17, 2006

Zugänge schaffen oder: Bram ist schuld

Selten ist es schon, dass ein Klient über hundert Kilomenter unter die Räder nimmt, um in einem kleinen Dorf am Niederrhein eine Praxis für Coaching und Lebensberatung aufzusuchen.

Anfangs, so sagte er mir, fiel es ihm trotz Navigationsgerät nicht einfach, mich zu finden. Wo ist das denn auch, der Kuhdyck? Und wie kann eine Straße so heißen? Kuhdeich? Wir sind doch hier nicht am Meer. Oder? Das ist doch finsterste Provinz. Nicht wahr?

Nicht ahnend kam er meinen Phantasien damit sehr weit entgegen. Denn genau das möchte ich. Abseits sein. Irgendwo in der Provinz sitzen. Nicht offensichtlich im umtriebigen Düsseldorf. Nicht im schnellen Köln. Erst recht nicht mittendrin. Sondern irgendwo an der Seite. Man muss sich aufmachen zu mir. Man sollte etwas unternehmen, um da zu sein.

"Das große weiße Haus da" sagte er, "das ist es, dachte ich. Das sah so nach Institut aus." Es stimmt, da gibt es ein weißes Haus. Und das sieht nach Institut aus, aber drin wohnt nur der Leiter des hiesigen Betriebshofes. Seine Wohnung spiegelt seine Wichtigkeit, gerade dann, wenn es die Person nicht kann.

"Nein", sagte ich freundlich "das war es wohl nicht." "Na ja, ich bin dann die ganze Straße runter gelaufen. Und dann sah ich es. Dort wor die großen Bäume noch stehen. Etwas im Schatten." sagte er, als er sich die Jacke im Flur auszog und wir Schritt für Schritt nach oben gingen.

"Das war ja nicht zu übersehen und trotzdem tat ich es." Der Weg zu mir ist einfach zu finden und ist es auch nicht. Es gibt keine eindeutigen Hinweisschilder, in nicht allen Navigationskarten ist diese kleine Privatstraße verzeichnet. Und die Erwartung wird enttäuscht und daher sieht man es nicht.

"Da war dann nur dieses große Schild KARTOFFELN. Und darüber meinte ich ein Zeichen gesehen zu haben, das ich auf ihrer Homepage schon mal gesehen habe. Also blieb ich da stehen. Und siehe da, ich war richtig. Hätte ich ja nie gedacht."


Es stimmt. Hier gibt es ein Schild mit "Kartoffeln". Es ist der alte Bauernhof des Bauern Strucks, der nun in einer neu gebauten Landschaft von Eigenheimen eingebettet ist. Kaum mehr erkennbar. Kaum mehr wahrnehmbar. Ein Haus unter anderen. Wäre da nicht diese Einfahrt und die laute Stimmer der Nachbarin.

Bauer Strucks ist unser Nachbar. Und seine Frau auch. Damals, als dieser Hof noch stand und in Betrieb war, gab es kein Handy. Als das Essen fertig war, rief man, dass die Männer vom Feld kommen mussten. Heute unterbricht sie schon mal meine Beratungen, laut und deutlich. Und verkauft Kartoffeln nebenan. Für viele die noch zu ihr kommen über Jahre und Jahrzehnte, ist das Schild "Kartoffeln" die einzige Erinnerung daran.

Mein Klient nun fand vor: "Kartoffeln" und "Praxis für Lebensberatung". Und staunte und amüsierte sich, den Weg nicht gefunden zu haben, wo doch diese beiden "essentiellen" Dinge so nah beieinander standen. Fast auf ein und demselben Schild. "Bram ist es schuld ..." sagte er dann lächelnd und meinte seinen Personalberater und Headhunter, der ihn zu mir schickte, weil doch mit seinem Kommunikationsverhalten etwas nicht stimme.

Armer Bram, der nicht wissen konnte, dass das Land auf merkwürdige Weise Dinge in sich vereinen kann. Widersprüche und Gegensätze gelten lässt, wo andere sie auseinander reißen müssen. Kartoffel und Coaching auf ein und demselben Schild. Undenkbar für eine gut aufgeräumte Dienstleistungslandschaft in Düsseldorf, wo die Adresse über Mileu und Klientenstamm entscheidet. Wo Erwartungen bedient und gesteigert werden müssen, statt einfach da zu sein. Im Hier und Jetzt und sei es bei Kartoffeln und Coaching.

Bauer Strucks hatte entschieden, die Zeiten mit zu gehen. Und er ließ Schweine Schweine sein, brach die Ställe ab und setzte Häuser hin. Lud andere Menschen ein auf seiner alten Scholle zu wohnen, gab seinen Beruf und seinen Hof an den ältesten Sohn weiter, der mit dem Geld einen modernen Hof außerhalb baute, ein sog. Aussiedlerhof. Noch heute streichelt er Rocco, als sei er der neue Hofhund und füttert ihn weit über Gebühr.


Durch das Vergangene, was heute noch da ist, fand mein Klient seinen Weg. Zwischen den alten Kirschbäumen und der Einfahrt hindurch in das neue Haus, das dort steht, wo früher die Kuhställe standen. Kuhdyck. Da ist jetzt die Praxis für Coaching und Lebensberatung. Die elementaren Dinge sind den Menschen erhalten geblieben. Und nach über hundert Kilometern Fahrt an den Niederrhein kam er an und freute sich, gefunden zu haben, was er nicht erwartete.

Einen Mensch ohne Allüren. Eine Situation, die sich elementar dem Not-wendigen verpflichtet fühlte. Eine offene Situation, die einlud. Die sich nicht anbiedern musste mit Attributen des Erfolgs. Statt dessen gibt es einen grünen Tee bei mir, ausnahmslos für alle Besucher, den man in Händen halten kann. Statt dessen gibt es kleine Münzen, statt große Erlösungen. Eine authentisches Gegenüber samt Hund, der es ernst meint.

Wie gesagt, das war schon immer mein Traum. Dass Menschen zu mir kommen, von weit her. Dass sie überrascht sind und schätzen, was sie vorfinden. Dass sie wieder kommen, weil sie etwas mitnehmen. Für viele sind das auch die Kartoffeln.

Aber nicht nur ...




Freitag, November 10, 2006

Altersweitsicht

"Faster Pussycat, fast fast ...
Oder: Lob des Fortschritts im Alter
"
>


... und hier mal wieder jemand, der es zu eilig hat. Kann sein, wir können alle noch lernen von denen, die tun - was sie tun. Und ihrem Denken und Fühlen freien Lauf lassen.


McKinsey grüsst Gott

An den Niederrhein sind wir gezogen, um schiedlich friedlich hier zu leben. Ohne Kontakt zur Kirchengemeinde und einfach mal nur in Frieden. Solange mein Versteck in Wachtendonk vom Landeskirchenamt unentdeckt blieb, konnte ich ja die Sache mit den Ordinationsrechten erst Mal auf sich beruhen lassen. Zumal Oberkirchenrat D. mich hier schon früh besucht hatte und zugleich sich der eigenen Hilflosigkeit versicherte dergestalt, dass er nichts tun könne. Also; wenn die Kirche es wissen wollte, wusste sie, wo ich war. Sie wollte es nicht.

Ruhe, das war genau das, was ich wollte von meiner Kirche. Hier und jetzt. Aber es sollte anders kommen, dazu später. Zunächst schien sich meine Erwartung zu bestätigen.


Ein Blick in den Gemeindebrief zeigte mir, dass es hier gemächlich zuging. Drei Pfarrer teilen sich in der zusammen gelegten Gemeinde "Straelen - Herongen - Wachtendonk" den Gottes- und Predigtdienst und zwar so, dass drei Gottesdienste pro Wochenende für die drei Gemeinden gehalten werden von je einem der Pfarrer, von denen zweie sogar eine Frau sind. Immerhin. In summa predigt also jede pfarrbeamtete Person wohl einmal in drei Wochen. Das ist sicherlich nicht zu viel verlangt.

Sie können es sich etwa auch so vorstellen: die Pfarrerin oder der Pfarrer fertigt einmal im Monat eine Predigt an, die er oder sie dann dreimal in den drei unterschiedlichen Kirchen hält. Betriebswirtschaftlich ist das genial, was man bei Beamten fast gar nicht erwarten sollte. Effizienter hätte das auch eine Unternehmensberatung wie McKinsey nicht hinbekommen. Es ist die finale Einführung des Kopierverfahrens - CopyPaste - in die Kirchenlandschaft. Eine Predigt dreimal gehalten, ist Effizienz in Reinform.

Gleichzeitig werden auch zusätzliche Evangelische Werte geschaffen, sog. "ValueAdds". Alle Gottesdienstbesucher in allen Gottesdiensten in allen Gemeinden hören ja jetzt dasselbe, was der Gleichheit aller Predigt Hörenden nur zuträglich ist. Schrieb nicht schon Paulus, dass wir alle gleich seien?


Im Ernst: Wo kämen wir denn hin, wenn auf den Kanzeln Unterschiedliches gepredigt würde? Das könnte die Gemeinde doch nur verwirren. Es könnte sie zum Denken reizen, sogar zum Vergleichen der unterschiedlichen Predigten und was dann los ist, kann man sich vorstellen. Es gäbe Präferenzen und sogar Konflikte unter den Pfarrern um die Zuneigung der Gottesdienstbesucher. Das geht doch nun wirklich nicht.

Also erfand man diese Lösung und schaffte damit gleich zweimal beste Ergebnisse dank überlegter Rationalisierung. Das ist "Best Practise" in Reinform. Genial dekliniert. 1. Gleichheit unter den Gemeinden bei 2. völlig gleich-gültiger Einstellung der Pfarrer.

Hinzu kommt eine weitere Neuerung. Das sog. rollierende Gottesdienstzeitensystem. Denn alle drei Monate wechseln die Gottesdienstzeiten vor Ort. Es gibt also dreimal Gottesdienste von einem der drei Pfarrer der drei zusammengelegten Gemeinden, die dann in ihren Gottesdienstzeiten alle drei Monate wechseln. Da muss man erst mal drauf kommen.

Wenn man sich z.B. endlich mal dazu durch gerungen hat, doch mal zum hiesigen Gottesdienst zu gehen, um die Gemeinde oder den Pfarrer kennen zu lernen, ist man sich nie wirklich sicher, wann dieser denn jetzt stattfindet. Ist es am Samstag um 18 Uhr? Oder hat die Gottesdienstzeit schon wieder gewechselt - vielleicht auf Sonntag 11 Uhr? Dann könnte man es sich vielleicht noch mal überlegen. Nach dem Gassigehen mit dem Hund und einem ausgiebigem Frühstück eine Predigt genießen? Warum nicht? Oder halt - ist jetzt schon wieder der frühe Sonntagsturnus dran, der um 9 Uhr beginnt? So früh schaffen wir das nie, bestimmt nicht. Kurzum: Wann Gottesdienst ist, weiß man so genau nicht. Es gibt ja keine festen Zeiten. Das ist auch gut so.


Zugleich wird so ja verhindert, dass der Gottesdienst unerwünschten Zulauf bekommt. Wo kämen wir denn hin, wenn da jeder kommen könnte? Nein, hier muss man erst eine Vorleistung erbringen, mit der man eindeutig seinen Wunsch auf Gottesdienst dokumentiert. Entweder fragt man nach, dann kann sich die Gemeinde schon mal darauf einstellen, wer da kommt und wie man ihn behandelt. Oder man macht die Extra Runde zum Schaukasten der Gemeinde an der Kirche, dort - wo die Gottesdienstzeiten ja angeschlagen sein sollten.

Ja, Sie lesen richtig: Sollten.


So Kästen will man ja auch nicht alle drei Monate neu gestalten. Und weil das auch viel Aufwand für einen Pfarrer wäre, hat man da wohl gleich den ganzen Jahresplan reingehängt. Zumdinest damals, als wird dort vorbei gingen. Und der ist so geschrieben wie nebenan der Fahrplan der Busgesellschaft. Man versteht ihn einfach nicht. Alternativ kann man noch die hiesige Zeitung bestellen, wo die Gottesdienstzeit Samstag abgedruckt sein soll, es aber auch nicht war. Denn Wachtendonk gehört verwaltungsrechtlich zum Kreis Kleve, kirchenrechtlich aber zum Kirchenkreis Krefeld Viersen. Und die Gottesdienstermine in Wachtendonk suchten wir damals vergeblich in der Zeitung. Es wäre ja auch umständlich, wenn man diese der Zeitung extra mitteilen würde.


Aber zurück zum rolliernden System. Das Bedürfnis der Gemeinden nach Gleichheit hat einen gesunden Kompromiss mit dem gleich-gültigen Bedürfnis der Pastoren auf gleichberechtigte Wochenendfreizeit geschlossen. Ein besseres Ergebnis hätte selbst in Tarifverhandlungen nicht erzielt werden können. Nun ist es ein fairer Interessenausgleich entstanden: Die Pfarrer möchten ja nicht jeden Sonntag predigen, was man beim lebenslänglichen Beamtengehalt einfach auch mal verstehen muss. Und bei den Gemeinden möchte auch keine zu kurz kommen. Da will man den Gottesdienst vor Ort doch nicht für immer und ewig auf einen Termin fest legen. Oder?

Stellen Sie sich das vor: Gottesdienst in Wachtendonk wäre nur und ausschließlich am Samstag abend.
Was würden sie denken? Genau: Wachtendonk ist der Appendix der zusammen gelegten Kirchengemeinde. Das wäre so, wie man Gottesdienste in den Altersheimen ja auch um diese Zeit abhielt, früher als man sie noch machte. Die fanden ja auch meistens am Samstag um 18 Uhr statt. Mit Kerzen und zitternden Händen. Schlabberlätzchen und Rollstühlen. Das will man sich doch als erwachsene Kirchengemeinde doch nicht antun. Für drei Monate vielleicht, aber dann muss unbedingt gewechselt werden.Wo kämen wir denn sonst hin?

Daher war es nur klug , das rollierende System einzuführen. Damit alle mal dran sind. Und keiner sich über den anderen erheben kann. Und so wechselt nun alle drei Monate die Gottesdienstzeit vor Ort. Besser, so sag ich mal, hätte es auch ein Beraterstab einer Unternehmensberatung nicht hinbekommen können. Man erfand der Not gehorchend nun die wechselnde Gottesdienstzeiten, die auf Gleichberechtigung unter den Gemeinden achten.


Was jetzt entstanden ist, ist eine Lösung, die den optimalen Kompromiss zwischen der Denk- und Predigtmüdigkeit samt dem gebotenen ethischen Imperativ der Gleichbehandlung aller beteiligten Gemeinden vereinbart. Das ist genial und verdient Anerkennung.

Der nächste Schritt scheint nun schon vorprogrammiert. Demnächst werden an alle Evangelischen Haushalte aufblasbare Gottesdienstbesucher verteilt. Dann ist die Kirche immer voll und man kann guten Gewissens zu Hause bleiben. Die Kirchensteuern werden ja eh maschinell abgebucht.

Und allen geht es gut: den drei Gemeinden, den drei Pfarrern und auch uns dreien, die wir für immer zu Hause bleiben.

Oder etwa nicht?


P.S.: Übrigens sollte es später die Gemeinde werden, die mir in der Begründung der Verweigerung, mich zum Erhalt meiner Ordinationsrechte dort predigen zu lassen, anführen sollte, dass ich mich nicht wirklich bemüht hätte, Kontakt mit der Gemeinde aufzunehmen. Docta ignorantia. Aber davon sicher ein anderes Mal.

Mittwoch, November 08, 2006

Segenswünsche

Geh´ deinen Weg ruhig - mitten in Lärm und Hast,
und wisse, welchen Frieden die Stille schenken mag.
Steh´ mit allen auf gutem Fuße, wenn es geht,
aber gib dich selbst nicht auf dabei.

Sage deine Wahrheit immer ruhig und klar
und höre die anderen auch an,
selbst die Unwissenden, Dummen -
sie haben auch ihre Geschichte.

Erfreue dich an deinen Erfolgen und Plänen.
Strebe wohl danach weiterzukommen,
doch bleibe dennoch bescheiden.

Sei du selbst - vor allem:
heuchle keine Zuneigung, wo du sie nicht spürst.
Doch denke nicht verächtlich von der Liebe,
wo sie dich wieder regt.

Nimm den Ratschluss deiner Jahre
mit Freundlichkeit an.
Und gib deine Jugend mit Anmut zurück,
wenn sie endet.

Pflege die Kräfte deines Gemüts,
damit es dich schützen kann,
wenn Unglück dich trifft,
aber überfordere dich nicht
durch Wunschträume.

Viele Ängste entstehen
durch Enttäuschung und Verlorenheit.
Erwarte eine heilsame Selbstbeherrschung von dir.
Im übrigen aber sei freundlich und sanft zu dir selbst.

Du bist ein Kind der Schöpfung,
nicht weniger wie die Bäume und Sterne es sind.
Du hast ein Recht hier zu sein.
Und ob du es merkst oder nicht -
ohne Zweifel entfaltet sich die Schöpfung so,
wie sie es soll. So wie Du bist.

Bleibe Dir nah.

Lebe in Frieden mit Gott,
wie du ihn jetzt für dich begreifst.

Und was auch immer deine Mühen und Träume
sind in der lärmenden Verwirrung des Lebens -
halte Frieden mit deiner eigenen Seele.




Brosamen I

Die Hypnose der Kirche, ihr eigener Schlaf ist selbst gemacht. Es hängt mit der selbst hergestellten Binnenwahrheit zusammen. Das Evangelische Bekenntnis ist und bleibt das zum Kirchenbeamtentum. Darin gleichen sie sich auf fataler Weise den sich bereichernden Vorständen in den Konzernen. Man sitzt sich aus, schimpft mit der Welt und wird mit steigenden Einkünften belohnt.

Wer am längsten durchhält, gewinnt.
Und zwar mehr als verdient.


Ein großer Stern wird in meinen Schoß fallen ...

----- Original Message -----
From: 'Helga Kammann'
Sent: Tuesday, November 07, 2006 8:08 AM
Subject: AW: Geburtstag

Du bist kein schrecklicher doch sehr lieber Mensch..
Lass Dich drücken, das brauchst du !

Mutsch



So schrieb heute morgen meine Mutter und ich bekam, als ich es las, Tränen in die Augen. Es war nie einfach zwischen uns und meine Mutter hat sich wirklich viel Mühe gegeben, mich meines Weges zu vergewissern. Einfach gemacht hat sie es mir nie.

Früher im Predigerseminar zu Essen wurde ich schon mal gefragt: "Sag mal Karin, Du kannst so viele Menschen so gut verstehen. Gibt es denn auch jemanden, wo das nicht so klappt!" Und ich antwortete wie aus der Pistole geschossen: "Meine Mutter!"

Es ist ja auch ungewohnt und schwer, ohne Mutter Frau zu werden. Ganz anders als andere. Später und zur Unzeit hinzu zu kommen. So wie Paulus ja auch ein spät berufener Apostel wurde. Einer, der die eigentlichen Zugangskriterien nie erfüllt hatte und ohne den der Sprung des Evangeliums in eine neue Welt nicht gelang. Eigentlich ist auch ein Paulus so ein Trans-Apostel. Heute würde er keine Stelle bekommen. Keine Chance haben. Man bleibt unter sich.

Es ist und war ungewohnt und schwer, sich in diesen Wechseln allein zurecht zu finden. Gerade dann, wenn man Begleitung braucht. Meine Mutter war nicht da. Sie schrieb damals an die Ärztekammer und zeigte meine behandelnde Ärztin an, dass sie mich mit weiblichen Hormonen behandeln würde. Nein, einfach gemacht hat sie es mir nie. Und ich musste zurück dorthin schreiben, dass ich schon 18 sei und es wohl auch ein Gesetz gebe und überhaupt ...

Heute rühren mich ihre Worte, die so pur und schlicht und einfach kommen, zu Tränen. Es ist wie eine lang erhoffte Versöhnung, der Wunsch einander in die Arme zu nehmen, Leid zu tragen und da zu sein. Nicht glücklicher als man ist, nicht trauriger als man ist. Mit meiner Mutter galt mir das lange Zeit als unmöglich.

Aber es gibt ja in jedem Leben diese Momente. Als mein Vater starb, als mir klar wurde, dass er geht und uns verlässt, da saß ich auch einen Moment mit ihm allein in der Küche. Und wir schauten uns an. Er war kein Mensch, der reden konnte. Weder über sich noch über das, was in ihm vorging. Und doch sah man in seinen Augen alles, was da war. Und nach langem Schweigen, irgendwann sagte ich: "Wir sind so lange Wege gegangen. Was? Du hast erst Krebs bekommen müssen und ich musste erst Frau werden, bevor wir uns sagen konnten, dass wir uns sehr lieb haben." Und seine Augen füllten sich mit Tränen wie die meinen auch und er nickte stumm und dann stand er auf und wir umarmten uns.

Es gibt in jedem Leben diese Momente und man muss achtsam sein, sie nicht zu verpassen. Bereit auch, sich selber noch mal los zu lassen: mitten in diese Gefühle, mitten in diese einfachen Sätze, die da so überschlagen wie Wellen. Einfach da sein. Es tut so unendlich gut. Es ist das Echo, das weiter leben lässt. Das Mut schenkt, wenn dieser gerade auszugehen droht.

"Wir sind Nichtschwimmer im See unserer Gefühle geworden", das sagte ich mal in einer Predigt in Mülheim Ruhr und nun stehe ich selber da, überwältigt und auf dem falschen Fuß erwischt von dieser Mail. Es ist gut und hilfreich - seit langer Zeit. Und stimmt eine Versöhnung an, die uns beiden hoffentlich lebbar ist und bleibt. Ja, ich habe sie lieb, diese Mutter.

Kein Wunder, dass meine erste Klientin in meiner Praxis hier in Wachtendonk auch eine Mutter war, deren Kind konvertierte und das Geschlecht wechselte. Von Frau zu Mann. Kein Wunder auch, dass ich mich lange Zeit umtrieb auf der Suche nach einer Ersatz- und Reveremutter, da die meine ja ausfiel. Wie ich dachte. So traf ich Brigitte und so fand ich auch früh Else Lasker-Schüler im Wuppertal, ein lyrisches "enfant terrible" und doch von so zarter und einprägsamer Sprachschönheit, zerbrechlich geradezu. Sie habe ich nie verloren, auch im Cafe Odeon in Zürich nicht. Ihr Pulsschlag begleitete mich durch alle Wechsel hindurch, sehr zuverlässig und nah, selbst bis nach New York in die jüdische Gemeinde, wo ich mich wohl fühlte nach langer Zeit, da ich mit Gott stritt aber mit der Thora tanzte.

1986 war es. Am Weihnachtsmarkt zu Schloss Lüntenbeck. Da kaufte ich dieses eine Buch, nachdem ich es drei mal ansehen musste. Es stehen dort wundersame Gedichte, wie Proviant in nötiger Zeit. Dort las ich:


Es wird ein großer Stern in meinen Schoss fallen
Wir wollen wachen die Nacht.

In Sprachen beten,
Die wie Harfen eingeschnitten sind.

Wir wollen uns versöhnen die Nacht -
So viel Gott strömt über.

Kinder sind unsere herzen.
Die möchten ruhen müdesüß.

Und unsere Lippen wollen uns küssen,
Was zagst Du?

Grenzt nicht mein Herz an dein -
Immer färbt dein Blut meine Wangen rot.

Wir wollen uns versöhnen die Nacht,
wenn wir uns herzen, sterben wir nicht.

Es wird ein großer Stern in meinen Schoß fallen.


Versöhnung





Montag, November 06, 2006

Schalltote Räume und andere Unannehmlichkeiten

Noch immer rumort es in mir. Wie ein lang anhaltendes, inneres Beben. Eine tektonische Verschiebungen der Seelenlage. Nur an Spannungen erkennbar. Und dumpfen Geräuschen. Es tut sich wass.

Und wenn ich dann nicht schreiben kann, toben Kämpfe nachts in Herz und Hirn. Sich endlos wiederholende Situationen. Als würde auf einmal mit einem Schub die Gefühle nachgeliefert. Wie ein Erwachen aus dumpfer Zeit.

Heute war es ein tiefe Entsetzen vor der Leere, dass ich wirklich mit leeren Händen da stehe. Dass ich nach 21 Jahren "Kirche" gerade mal mich und um die 310 Euro Rentenanspruch gerettet habe. Kein Grund getrost zu sein.

Das Entsetzen darüber, dass da einfach NICHTS ist, wo etwas sein sollte. Dort, wo ich Kirche vermutet hatte, ist ein NICHTS. Ein Loch, ein Off, ein schalltoter Raum. Eine Kompression ohne Gleichen. Kein Echo möglich.

Als ich heute Morgen mit Rocco spazieren ging, nach dieser halb durchwachten Nacht mit dem pochenden Herzen, das sich nicht zur Ruhe legen kann, dass weiter schlägt und arbeitet wie ein Bildhauer, da begann ich drei Sätze zu finden, die mein Fühlen der Kirche gegenüber beschreiben könnte.

Sie sind Deklinationen des Menschlichen und heissen:

1. Schalltoter Raum
Das abgebrochene Gespräch oder der Verlust der ersten Unmittelbarkeit. Was wiederfährt, wenn ein Mensch sich verändert. Über alles durfte geredet werden, nur nicht über meine Geschichte. Ein Schweigegebot. Sieben lange Jahre lang kein Echo. Während andere sich über mich den Mund zerrissen. Zu viele wissen zu wenig von mir. Heute noch - kein Echo. Keine wirkliche Auseinandersetzung. Nichts, schalltoter Raum.

2. Keep Smiling Sister
"Glücklich sein müssen" als Verpflichtung nach aussen. Wehe, wenn ein auch nur ein kleines Wackeln da wäre. Ein Anflug von Gefühl. Nach dem Wechsel hatte ich glücklich zu sein. Sonst nichts. Die Bedürftigkeit wuchs. Aber durfte sich nicht nach außen zeigen. Bloß nicht. Statt dessen verlangten alle die sinnfällige Dokumentation, dass ich genau das Richtige getan habe. Und sonst nicht. Ein soziales Display. Funktionabel.

3. Schwarze Löcher
Das ist die Gravitation des Überlebens. Es ist komprimierte Erfahrung im Augenblick. Verdichtet Leid zum Nichts. Bis nichts bleibt, nichts mehr da ist. Vorgestern noch angespuckt in der Unterführung am Alten Markt zu Wuppertal, randalierende, pöbelnde Jugenliche, ein biersauer Atem im Nacken - am nächsten Tag war nichts geschehen. Ich zeigte nichts nach außen. Wem denn auch? Man musste durchkommen. Funktionierte weiter. Morgens steht man wieder auf, als sei nichts geschehen. Aber man täuscht sich. Da war doch was. Ein Mensch. Eine Geschichte.

Ich denke anhand dieser drei Schraffuren lässt sich mein Fühlen und Leben nachzeichnen. Damals und schon immer im kirchlichen Raum. Es gab keinen Ort, kein Echo. Nichts. Schonungslos blieb die Einsamkeit eines Weges, der nicht mit-teilbar war. Unerfüllt die Hoffnung auf Begleitung, auf Menschen die blieben. Spürbar wird darin die Verlassenheit eines Menschen, der ankommen wollte und entsorgt bliebt. Selige Dialektik im Augenblick des Abschiedes.

Es ist gut, gegangen zu sein. Und es schmerzt verdammt.

Darüber will und werde ich schreiben. Weil es an der Zeit ist und weil ich nicht vergessen und überleben darf. Das hat zu lange gedauert. Nun kommen andere Zeiten.

Die letzten Entscheidungen von seiten der Kirche klingen nach. Sie waren gewollt und von mir eskaliert. Es ist nun ein klares Geräusch. Das Geräusch eines rostigen Nagels auf Stahl. Eine Furche ziehend. Es ist auch mein zerbröckelnden Schutz, die Nacktheit spürbar wie die Angst des Nachts. Keine Antwort auf alltägliche Fragen möglich.

Das ganze zu letzt: Unanehmbar.

Eine Presbyterin aus Uedem schrieb mir, sie wünsche mir sehr, dass ich endlich meinen Frieden finde. Ein frommer Wunsch. Wie sollte Frieden finden mit solchem Verhalten? Ein unannehmbarer Wunsch. Auch das ist der Refrain für meine kirchliche Existenz.

Unannehmbarkeiten.
Ein heute nur zu gut passendes Wort.