Dienstag, Juni 09, 2009

Der Bauer geht

Opa Strucks zieht um. Der Nachbar und Bauer von nebenan zieht weg. Keine Kartoffeln mehr. Keine Hand, die morgens Rocco füttert. Kein Hallo, bist Du auch mal wieder da. Keine Eier, die man nebenan mal schnell kaufen könnte.

Sonntag Morgen Blues.

Gewiss, er hatte stark abgebaut. War alt geworden oder, wie man hier sagt "auf". Zu viel Arbeit in ein zu langes Leben gelegt. Wir dachten, das wird nicht mehr mit ihm. Weil es einfach nicht weiterging. Weil da so viel dagegen sprach.

Es war nicht lange her, dass wir ihn aufgehoben hatten. Damals, als er auf der Bank saß wie ein Denkmal gemeißelt. Opa Strucks, der Bauer vom Kuhdyck vor seinem Haus.

Dort, wo er geboren war.
Dort, wo er Zeit seines Lebens gearbeitet hatte.

Gut, der Hof – den gab es nicht mehr. Statt dessen stand dort ein Haus mit drei Reihenhäusern. Dort, wo sein Stall stand. Der mit den Schweinen. Aber es gab uns, die ihn auf gehoben haben. Als er so unsanft von der Bank rutschte. Und da lag. Einfach so.


Ein Bündel Mensch.
Eingeschlafen, abgekippt und hingefallen.
Wie so viele andere auch, die müde ob ihres Lebens sind.
Genug geschuftet. Genug gearbeitet. Genug gelebt.

Es hätte gut zu Ende gehen können.
Einfach so. Wie immer, wenn es geschieht.
Der Rollator in der Abendsonne.

Kartoffelverkauf, das blieb. Bis zuletzt.
Vom Sohn.
Vom neuen Aussiedlerhof.
Drei Kilometer weit weg. Auf offenem Feld.
Computer gesteuerte Ferkel Zucht mit Umweltzertifikat.

Das war nicht seines.
Was haben sie sich angeschrieen – damals.
Ein Echo zuletzt. Nachbarschaftliches Entsetzen.
Der Sohn draußen und der Vater um die Ecke – ohne Vieh.
Das zählte schon immer hier - am Niederrhein.
Und auch zuletzt.

So lag er da
So hoben wir ihn auf.

Ein Mensch .
Ein Bauer im Dreiklang mit sich selbst.
Wetter - Arbeit- Tiere. Mehr war da nicht
Und alles zugleich

Nun als nichts mehr ging,
wollten sie gehen. Weg von hier.
Diesem Haus, was ihm wie angezogen schien.

Unfassbar.

Gestern, so wurde berichtet, sei er mit Hund und Enkeltochter Sara in der Stadt gesehen worden. Sie holen ihn ins Leben zurück.

Einfach schön.
Der Bauer geht. Wieder.



Montag, Juni 01, 2009

Pfingsten ist nicht der Geburtstag der Kirche



In einem meiner Oberseminare in Heidelberg fragte ein von mir sehr geschätzter Professor den versammelten Nachwuchs der Theologen, was denn der Heilige Geist mache und niemand konnte eine Antwort finden. Peinliches Schweigen trat ein und hielt sich bleiern im Raum. "Es wird mir doch jemand sagen können, was der Heilige Geist mach - wozu haben Sie denn hier studiert?" Nein, es konnte oder traute sich niemand, auf eine so kompliziert einfache Frage eine Antwort zu geben. Dann ließ der Professor mit einem Mal die Hand flach auf den Tisch fallen, dass jeder, der auch nur den Ansatz von Schlaf in den Augen oder zwischen den Ohren entwickelt hatte, erschrocken auffuhr.


"Lebendig macht er!", sagte der Professor, höchstselbst amüsiert ob dieser Reaktion, "und weiter nichts."

Der Geburtstag der Kirche gehört somit zum klassisch infantilisierenden Reden einer Kirche, die sich selber als Lebenszweck genommen hat und mit dem, was ein jüdischer Wanderprediger dereinst sagte, nur noch wenig zu tun hat. Der Professor hat dabei noch recht, denn im Nicaenum, einem der ersten Glaubensbekenntnisse der Christenheit um326 n.Chr. wir der Heilige Geist mit Lebendigmachend - dsoopoioun - beschrieben, was - um ehrlich zu sein - eher eine weibliche Eigenschaft ist und all das Lebendig Machende, Lebensspendende in den Gottesbegriff einzutragen mag, was heute die Kirchen zugleich so ängstigt.

Wie sagte ein theologisch Gelehrter noch gleich: "Jesus predigte das Reich Gottes. Was dann kam, war die Kirche!"


Daher belassen wir es lächelnd wissend beim kindischen Kirchensteuertopf-Schlagen zum Geburtstag der Kirche, wohl wissen, dass denen die aus dem Geist geboren sind, die zweite Umittelbarkeit nicht als Infantilisierung erfahren müssen.

Aber so ist das nun mal mit den Institutionen. Auch sie müssen kämpfen, selbst wenn sie schon längst staatlich anerkannt und subventioniert werden.

Was ist OPEL dagegen?