Dienstag, Februar 20, 2007

Die perfide Rache der Feinstaubmänner


In letzter Zeit kann ich es einfach nicht mehr hören. Das Wort "Feinstaub". Als ich heute morgen mit meinem Hund Rocco den Kuhdyck in Wachtendonk hoch ging, schaute ich mir die vor den Häusern geparkten Autos an. Zweitautos meist, weil wir spät am Morgen Gassi gehen. Die A6 und Mercedes, der Nissan X-Trail und Toyota Avensis sowie der Porsche Cayman, den ich insgeheim bewundere (auch ich bin nur eine Frau), waren alle schon entschwunden und auf dem Weg zur Arbeit.

Was blieb waren ältere Golf, zweimal ein Peugeot 106 sowie ein Toyota Starlet, ein Opel Corsa und etliche alte Polo, zum Teil mit Rostauflagen. Das alles fand sich auf einer Strecke von vielleicht 800 Metern. Zugegeben, mit angebundenen Seitenstraßen.

Der Kuhdyck in Wachtendonk ist jetzt nach dem Neubau ausladend modern, ein kleines Cannes am Niederrhein. Es geht die Mär, dass man diesen verkehrstechnichen Appendix samt hypermoderner Beleuchtung auch vom Weltall sehen kann. Wie die Chinesische Mauer. Dafür mussten sechzehn alte Kirschbäume gefällt werden, aber das ist eine andere Geschichte.

Von diesen Autos also, den ZweitMammaKinderAbholTeilzeitArbeitsAutos, waren mindestens acht Stück nicht in der Lage, den Anforderungen der neuen Feinstaubverordnung nach zu kommen. Euro 2 mindestens. Und das auch nur für drei Jahre. Diese Autos also müssten also verschrottet werden, spätestens im nächsten Jahr, wenn wir denn eine Umweltzone in Wachtendonk einrichten würden. Das ist im Dorf am Niederrhein wohl nicht zu befürchten.

Dennoch stellt sich ein anderes Problem. Denn der Weg zur Teilzeitarbeit ist nun für viele Mütter versperrt. Wie sollten sie auch nach Duisburg, Krefeld oder Mönchengladbach kommen, wenn dort eine solche Zone eingerichtet ist? Jedes Mal 40 Euro riskieren? Jedesmal ein Punkteintrag in Flensburg? Wer will das schon?

Birgit, eine der Mütter, kenne ich gut. Sie arbeitet vormittags in Krefeld. In einem Fotofachgeschäft. Demnächst kann sie kündigen - ohne neues Auto. Und für ein solches müsste sich die Familie erneut verschulden. Das Haus, zwei Kinder und nun - ein neues Zweit Auto anschaffen? Wer kann das schon, wenn es gerade mal so reicht. Nach dem Wegfall der Eigenheimprämie, nach der Erhöhung der Mehrwertsteuer und der saftigen Anhebung der Kindergartenbeiträge?

Wie sollte das gehen, wenn schon jetzt ihr Verdienst mit eingerechnet werden muss, um durch zu kommen. Durchgerechnet haben wir es dann doch. Birgit müsste allein drei Jahre lang arbeiten, um den Kredit für das neue Auto ab zu bezahlen. Oder sie muss es leasen. Mit allen Risiken. Denn schon jetzt verdient VW mehr Geld mit seiner Bank als mit der Produktion von Fahrzeugen.

Das Fazit ernüchternd: So ein Familie kann sich einen neuen Zweitwagen einfach nicht leisten. Und billige Autos gibt es dann auch nicht mehr. Die sind auf einmal alle verschwunden. Denn es geht nicht nur Birigt so. Auch andere Mütter fahren mit ihren kleinen Polos halbtags arbeiten, um die Familie durch zu bringen. Und die müssen nun alle neue Autos haben - von heute auf morgen.

Ursula von der Leyen, die Familienministerin, hat ja vollmundig angekündigt, mehr Kinderkrippen einrichten zu wollen. Damit Frauen wenigstens die Wahl haben, ob sie arbeiten gehen wollen oder nicht. Ohne Auto, eine fromme Wunschvorstellung. Zumindest hier auf dem Land.

Klammheimlich ziehen andere den Frauen und Müttern den Zweitwagen unter dem Arsch weg. Pech gehabt, sagt man dann. Schade, wenn es jetzt nicht mehr mit der Arbeit für Mütter klappen wird. Das nenne ich dann: die perfide Rache der Feinstaubmänner.

Später wird es wieder heißen: "Schauen Sie, eigentlich wollten unserer Frauen doch nur am Herd stehen. Was haben wir nicht getan, um ihnen die Arbeit schmackhaft zu machen. Aber ein Versuch war es doch wert - oder?" Und rühmen sich obendrein, noch etwas fürs Klima getan zu haben.

Aber - so war es immer schon.

Was man hier versprach, hatte man woanders schon genommen. Der Stillstand triumphiert und irgendwie sind wir Frauen es doch selber schuld - oder etwa nicht?


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ist es nur der Feinstaub? Und die neuen Tendenzen bei der KFZ-Steuer?

Trifft es nur die Zweitwagen?

Die Autos der Reichen, die in Lohn und Brot stehen, die sich für ihren A6 nicht verschulden müssen - die werden gefördert.

Und die Kinderreichen, die Geringverdiener, deren Anzahl man hierzulande ja ebenfalls fleißig fördert (hoch lebe der zweite Arbeitsmarkt)?

Die werden dann demnächst wohl alle Hartz IV-Empfänger, sogar mit zusätzlichen Kürzungen der Stütze, weil sie weder das Auto, das sie benötigen, um ihre Existenz zu erhalten noch das Bahnticket leisten können und damit keine "zumutbare" Arbeit annehmen können.

In diesem Sinne liebe Grüße von

Beate

die heute ihren zynischen Tag erwischt hat.