Donnerstag, Februar 12, 2009

Confusing myself - oder von mentaler Verunsicherung

Vielleicht sollte ich doch eine Serie schreiben, zu Bewältigung der Krise. Oder vom Umgang mit Angst und Verunsicherung. Sicherlich wäre es erwünscht und hilfreich in Zeiten wie diesen, wo wir alle noch denken, es gehe weiter wie bisher und nur verschämt am Horizont ahnen, dass es anders wird - nach diesem Tag, der erst man nicht enden soll.

Gestern schrieb mir ein Manager:

Die Krise hat einige Gesichter, dazu gehören Kreditverknappung, Reduktion der Autoproduktion und damit Ertragsrückgänge mentale Verunsicherung. Besonders der letzte Punkt ist in verschiedenen Hinsichten sehr direkt beabsichtigt. Lassen sie uns mal telefonieren ...


Woraufhin ich antwortete:

"Lieber Robert,

Mentale Verunsicherung - hmm, das halte ich es gerne mit Jenny Holzer, einer US amerikanischen Künstlerin, die für sich behaupten konnte: Confusing myself is a way to stay honest.

Nun ja, so sind die Künstler, die sich "so etwas" erlauben können, weil sie über genügend Humor und Selbstironie als nachwachsenden Rohstoff verfügen. Obgleich auch die Verunsicherung selber ein heuristisches Prinzip werden kann und vielleicht auch werden sollte, sieht man hinter der Verunsicherung doch oft Menschen, die (noch) nicht lernen konnten, wie Krisen zu meistern sind und wie sie selber sich darin verändern und dennoch erhalten bleiben.

Anders formuliert: viele Manager kommen mir wie verlassene Kinder vor, die in Bergen von Spielzeug und Methoden, von Score Cards und Must Haves, von ERP Reports und Real Time Screenshots einsam vor sich hin singulieren, allenfalls bereit, der Meeting Mutter stolz ihre selbst gemalten Zahlen zu präsentieren.

Nehmen Sie diese Zeilen bitte phänomenologisch als liebend auf - eben aus der Beschäftigung mit dem Sujet und nicht als Verallgemeinerung heraus entstanden. Aber - wenn dort Verunsicherung einkehrt und das selbst gemalte Image beschädigt, sucht dieselbe Verunsicherung zwangsläufig nach der dahinter liegenden Identität. Ist dort eine Leerstelle ausgewiesen, ein Blue Print, eine Imitation von .... dann wird die Verunsicherung zur Katastrophe. Das mag angehen. Da Denn an dieser schlichten Frage trennt sich auch Spreu vom Weizen:

"Wer bist denn du?"

Weil Nachahmung nicht mehr weiter bringt. Weil Habit kein bergender Mantel im Sturm ist. Weil der Kaiser nackt wird, während er sich selber noch applaudieren möchte. Dann greift Verunsicherung Raum - bis hin in die Familien und männliche Identität hinein. Zu schnell greift man nach Suggoraten - das was eben zur Hand ist. Dazu gehört der Rückfall in kindisches Verhalten ebenso, wie Suchtmittel aller Art oder der Import längst vergangener Männlichkeitschiffren und Rituale. Einfach, um sich wieder aus-halten zu können. Einfach, weil "etwas" da sein muss, wenn man selber schon die Ahnung hat zu verschwinden.

Was dort ist, ist dann entscheidend über den Fortgang der Karriere.

Das genau beschreibt auch den Ort, an dem ich mein Intensiv Coaching gerne verankere und für nötig erachte. In jenen Übergangssituationen, in denen der Lakmustest gemacht wird.

"Have these guys balls? Or don´t?".

Was ja oft nichts anderes beinhaltet, als sich selber aushalten zu können, ohne zu anderen Dingen Zuflucht nehmen zu müssen. Auch die Seele ist ein nachwachsender Rohstoff und steht den Menschen in Krisenzeiten hilfreich zur Verfügung - nicht allein nur um Schaden zu nehmen, sondern auch um über sich hinaus wachsen zu können: eben als Mensch.

Das ist ja, was wir verlernt haben - offensichtlich. Dass wir nach Prof. Gerald Hüther beides brauchen: Die Herausforderung, über uns selber hinaus wachsen zu können sowie die Verbundenheit zu anderen als Austausch und Bereicherung definiert, nicht länger als Konkurrenz. Und genau dort siedel ich mein Intensiv Coaching am Niederrhein an. Es ist wichtig, weit mehr als früher. Denke ich.

Komisch, morgens kann ich schöne Essays schreiben.
Wollen Sie diese überhaupt lesen?
Ist das nicht langweilig?

Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Karin Kammann


Ja, so könnte ich mir einen Austausch oder eine Reihe zum aktuellen Stand der Entwicklungen weiter vorstellen. Dass irgendwo - im Austausch - auch die Sprache wieder wächst. Dann man reden lernt von dem, was noch schwer fällt. Von Ängsten und Selbstzweifeln, all dem, was der Erfolg doch seit Jahren zu geschüttet hat. Oder weit schlimmer: die Verpflichtung, ein erfolgreiches und dynamisches Leben zu führen.

Immer weiter. Immer besser. Immer schneller.

Wie sagte noch Paul Virilio noch so treffend: Das Ende der Beschleunigung ist der Stillstand. Dass auch keiner daran gedacht hat.





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