Dienstag, Juni 27, 2006

Zu Hause ankommen

Sprache kann so vieles. Auch verräterisch sein. Als wenn zwei Wochen Italien nicht gereicht haben, ist es doch wieder schön in Wachtendonk anzukommen. Bella Italia. Forza Azzuri. Baci und das dolce fa´niente .... alles Lebenselexiere und dennoch nicht zu toppen von der schlichten Begrüßung unserer Nachbarin, als wir gestern wieder ankamen.

"Schön," sagte sie "dass ihr wieder da seid. Die Blumen sind gegossen. Aber jetzt muss ich raus. Der Jürgen geht neue Ferkel kaufen!" Da wussten wir, dass wir wieder da sind.

Die italienische Fahne weht noch an unserem Haus. Aber gegen Ferkel sind auch wir machtlos und staunen. Schön, wenn das Leben pur wie bisher bleibt. Da braucht man nur im Takt bleiben, der Rest ergibt sich von alleine.

Mittwoch, Juni 07, 2006

Pharmaceuticals

Immer öfters bekomme ich damit zu tun, dass Menschen, die zu mir kommen, auch woanders Hilfe suchen. Dann nehmen sie meist die klassischen Wege der Medizin und schlagen auf bei Arzt oder Apotheker.

Interessant ist, dass der Verbrauch an Psychopharmaka in den letzten Jahren in Deutschland beträchtlich gestiegen ist. Ein Klient berichtete mir neulich von seinem Besuch beim Neurologen: "Da hat er mir Tabletten verschrieben, weil er sonst nichts fest stellen konnte. Da kann ich dann ein Viertel, oder - wenn sie nicht wirken sollten - schon mal eine ganze Tablette einnehmen. Ich solle das mal für mich selber heraus finden." Grandios, sage ich da. Das pharmazeutische Selbstexperiment wird zur eigenen Beschäftigungstherapie.

Gegen die wachsenden Ohnmachtserfahrungen in unserer Gesellschaft hilft offensichlich nur noch die Selbstmedikation. Mit Tabletten kann man immer was tun - wogegen auch immer. Immerhin, diese Botschaft kommt an und wird geglaubt. Der Mensch bleibt ja erwachsen genug, sich gleich selber abzuschießen.

Das schließt so nahtlos an die gelungene Pausenwerbung an, wo Lehrerinnen Kopfschmerzmitteln einnehmen, um guten Unterricht zu leisten. Was früher die Zigarette leistete, muss heute die Tablette richten. Die Mechanismen der Selbstbelohnung funktionieren weiter. Der Markt ist von der Pharmaindustrie erkannt und wird besetzt. Werbeagenturen wechseln von Marlboro zu Thomapyrin.

Freiheit und Abenteuer werden möglich, wenn der Nebel der weiten Schulwelt sicht erst lichtet. Wunderbare Aussichten auf steigende Gewinne. Die Verführung liegt im Gebrauch. Und der Eisntig ist so einfach, weil man überall wohlwollend ange"fixt" wird. Dem Apotheker ist kein Lächeln fremd.

Was ist dagegen schon ein Gespräch, ein menschlicher Austausch und die körperliche Berührung? Man kann sie nicht in Form pressen, daher kaum vermarkten. Letztlich aber bleibt es wohl das, wovon wir wirklich leben.

Gefühle sind der innere Kompass der Seele. Viele haben diesen schon eingetauscht gegen ein vollausgestattetes Navigationssystem der Pharmaindustrie: "Beim nächsten Kopfschmerz bitte rechts abbiegen und Tablette in 300 Meter einwerfen. Gute Fahrt. Die nächste Apotheke befindet sich in 2,1 Kilometer Entfernung. "

Schöne, neue Welt.




Braucht Wachtendonk einen Flughafen

Wachtendonk ist ein beschauliches Dorf von 7.000 Einwohnern. Gut, es können etwas mehr sein, aber die erhofften 10.000 haben wir noch lange nicht erreicht, so dass auch der Bürgermeister noch arbeiten muss an seinen ehrgeizigen Zielen. Wie er das tut, wissen wir nicht. Aber 10.000 sollten es für ihn schon werden. Eine ehrgeizige, aufstrebende Kleinstadt - das könnte Wachtendonk schon sein.

Vieles wird versucht. Ein neues Gewerbegebiet liegt vor den Türen - für über 1,3 Millionen Euro wurde einen Acker umgegraben, Kanal und Leitungen gelegt, Pläne gemacht und - niemand kommt. Was man verpasst hat vor 15 Jahren lässt sich eben so leicht nicht nachholen.

Jetzt kommt der nächste Schritt in eine blühende Zukunft: Über kurz oder lang wird sich auch Wachtendonk am Flughafen Weeze beteiligen müssen. Der droht gerade abzusaufen, weil man blauäugig Kreiskredite gab und Visionen verfolgte, statt Zahlen zu prüfen. Da bleibt nur eins: Man kauft selber, bevor man in der Wirklichkeit ankommt.

Ist ja auch klar: Wenn Wachtendonk seinen Flufhafen verlieren würde, wäre die Katastrophe vorprogrammiert. Die Bewohnerzahl wäre kaum zu erreichen. Die Überlebenschancen halbieren sich - ich meine die, der bürgermeisterlichen Vorstellungen einer blühenden Hauptstadt am Niederrhein namens Wachtendonk.

Wir lernen: nur wer abhebt, kommt garantiert auch unten an.
Wie - das bleibt jedem selbst überlassen.