Donnerstag, Oktober 11, 2007

Hauptschule? Aber ja doch - Hauptschule !!

Es war mal wieder ein netter Tag in einer Hauptschule. Seit Neuestem mache ich dort sog. Kompetenz-Analysen. Fahre um sechs Uhr am Niederrhein los, um um Achte pünktlich mit meinem Arbeitskoffer in der Schule zu sein. Und dann gibt es acht Stunden eine Klasse im Check.

Die Leerer sind meistens lehr und
ausgebrannt. Einige schon unter jahrzehntelanger Patina als Mensch verborgen. Wenn man nett ist , werden sie zutraulich und lassen sich etwas kraulen. Ansonsten viel Burn-Out und still stehende Angestrengtheit. Es tut auch ihnen , wenn da sind. Ein Tag andere Perspketive auf Schüler, die man tagtäglich vor sich sitzen hat.

Der Herr vom Arbeitgeberverband betreibt , was ihm eigentlich gar nicht steht. Er betreibt Werbung. Wunderbar inmitten der Hauptschule. Da, wo sich niemand sonst blicken lässt, ist er da. Wo doch alle Arbeitgeber hoffen auf den Fachkräfte-Aufschwung aus dem Osten. Und sich hier alles sparen. Das sind dann Jugendliche ohne Chance. Die an der Hauptschule. Und weil man ihnen von vornherein gibt, bleibt es auch so.

Trotzdem oder jetzt erst recht ist ihm die Förderung der Hauptschule eine
Herzensangelegenheit. Das gibt es bisher nur in Dortmund. Stahlarbeiterestadt mit aussterbender Industrie und Kultur.

Die Malocherstadt.

Man merkt es durch seine Angebote und die
Aufmerksamkeit, die er anderen gibt, dass es ihm ernst ist. Schön, dass er wieder da war. Heute morgen in der Schule. Macht weiter so.

Während dessen müssen die Kiddies angepackt werden. Es ist anders als in der Realschule. Wie sagte noch Josephine Baker: Um seinen Traum leben zu können,
muss man erst mal aus ihm erwachen. Viele von denen schlafen noch. Träumen noch. Berufswünsche aus der Nachmittagsflimmerkiste. Abgesehen. Kopiert. Ohne jemals sich drum gekümmert zu haben.

Dann gibt es diese wunderbare Auswertungsrunden. Ich komme sehr schnell auf den Punkt. Werde direktiv und finde ein Nicken oder Lächeln im Gesicht. Einer der ansonsten im PLO Arafat Tuch Vermummten, nimmt es freiwillig ab, lächelt schüchtern in die Runde. Ja, ich werde mich ab sofort zeigen und Konflikte annehmen lernen. Die Veränderung fängt immer bescheiden an. Und nicht nur mit flüchtigen Versprechen. Natürlich vor allen und schriftlich dokumentiert. Das ist gut so.

Jede Gruppe hat ihre eigene Weisheit. Die Kontrolle untereinander, die Erfahrung, dass man sich helfen und unterstützen kann, ist kaum ernsthaft gemacht. Anfangs schämen sie sich, offen zu sein. Zu reden von den Wünschen, ihre Fähigkeiten zu entdecken. Sich zu zeigen.

Später wird es anders. Ganz anders werden. Ayshe, die immer zu spät kommt bekommt Lächeln mehr von mir. Irritation allenthalben. Wie immer. "Hör auf damit, Prinzessin zu sein." - sage ich ihr. Sie erschrickt. Wirkt ertappt. Schlägt die Augen auf. Unschludig. So wie immer. Kann man mir etwa böse sein? Ja man kann und es ist dringend nötig. Statt dessen - sei erwachsen. Schon jetzt. Gegen den Strom gebürstet. Du brauchst das nicht mehr.

Daneben sitzt Matthias. Hyperaktiv. Wie schon so lange und den ganzen Tag über. Er braucht Berührung. Einmal kurz auf den Arm, die Schulter. Schon jetzt. Aufmerksamkeitsdefizitsydrom, das ist ein viel zu langes Wort für ihn. Er könnte es nocht nicht mal aussprechen. Er braucht keine Diagnosen, sondern Menschen, die sich nicht scheuen, ihm zu begegnen. Ihn mal in den Arm zu nehmen. Damit die Gefühle nachlaufen können. Die sich schon seit Wochen zu Hause angestaut haben. Mehr ist es nicht. Und doch alles für ihn.

Es sind diese kleinen Momente, die die Arbeit so angenehm machen. Dann kann auch ich nicht anders als sagen: gut, dass sie alle da sind. Kurzum: ein schöner Erfolg. Und schnell durch, ohne die Qualität zu vernachlässigen.

Man muss es nur wollen ...um 16 Uhr Feierabend.

Geschafft aber mit einem Lächeln im Gesicht.
Wie andere auch.



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