Dienstag, September 26, 2006

Nun ist es raus ...

Wie sagte ein Freund von mir so treffend: Ist die Pasta aus der Tube, kann sie niemand mehr zurück bringen. Also habe ich heute meine Presse Erklärung in den Verteiler gestellt und raus geschickt. Schnell, kurz und präzise. Es ist der Wunsch, mich wehren zu können, schon so alt in mir. Das alles nicht nur in mir zu behalten, sondern raus zu setzen, frei zu setzen. Und wenn ich mich blamiere - nur muss dieser Abschied wohl jetzt kommen und auch gelebt werden.

Bei einem Gespräch gestern mit einer befreudneten Journalistin war sie sehr erschrocken, dass ich Gefahr laufe, meinen Beruf "ganz" zu verlieren. Das ist, womit man spekuliert. Man erträgt vieles leichter, wenn man nicht den Schnitt macht, die Trennung durchführt, die Verantwortung übernimmt.

Als ob immer alle Möglichkeiten offen sein müssen. So - merke ich - komme ich keinen Schritt weiter. So bleibe ich kleben unter der muffigen Kirchendecke, die keine wirklichen Akzeptanzen ausspricht, sondern immer verspricht und vertröstet. Aber ich erinnere mich auch daran, dass ich nach Mülheim Ruhr gegangen bin - damals vor sechs Jahren - weil ich dachte, dort kann die Gemeinde mit die Kanzel nicht verwehren. Ich erinnere mich auch daran, dass ich die Ordinationsrechte für einen Pfarrjob in der Schweiz gut gebrauchen könnte. Und ich erinnere mich auch daran, dass ich jetzt über ein Jahr ehrenamtlich predige, um diese Rechte zu erhalten. Kommt es dann dazu, dass eine Stelle frei wird, kann ich mich nicht bewerben.

Abschiede zu leben, das ist nicht einfach. Man erleidet sie lieber gerne. Man ist viel lieber Opfer anderer, als sie konsequent durch zu führen. Ich denke, es ist jetzt Zeit für diesen Abschied. Weil die Kirche, die Menschen dort, mir nichts mehr geben können. Weil man im Reich der beamteten Zwerge gerne einen Kopf kürzer wählt und Konkurrenz und Auseinandersetzung nicht zulassen möchte. Was für eine Klüngelei da doch hinter den Kulissen läuft - unglaublich.

So habe ich nun nach drei schlaflosen Nächten meine Presse Erklärung abgeschickt zu all denen auf meiner Verteiler Liste. Die Presse ringsum - einschließlich dpa. Mal sehen, was ich bewegen wird. Wichtig bleibt mir der innerliche Gewinn - dafür auch die Verantwortung zu übernehmen. So kehrt sich der Abschied zum Anfang, denn genau das war, was diese Kirche nie verstanden hattte: Dass im Moment der höchsten ethischen Entscheidung über mein Leben - eben ins andere Geschlecht zu konvertieren - man zugleich entmündigt und zum Exemplar gemacht wird. Kein Raum, diese Verantwortung wirklich zu zeigen, wirklich zu tragen.

Daher war ich erfreut zuletzt auch Zuspruch bei Goethe zu finden, der da schrieb:
"Bis man wirklich Verantwortung übernimmt, gibt es Zweifel, die Möglichkeit, sich zurückzuziehen und immer Ineffizienz. Was alle Handlungen von Initiative oder Schöpfung angeht, so gibt es eine elementare Wahrheit, deren Nichtbeachtung zahllose Ideen und hervorragende Pläne umbringt: Dass in dem Moment, in dem man sich definitiv verpflichtet, sich die Vorsehung ebenfalls bewegt. Alle möglichen Dinge, die sonst nie passiert wären, passieren, um einem zu helfen. Ein ganzer Strom von Ereignissen folgt aufgrund der Entscheidung und bringt zu eigenen Gunsten alle Arten von Vorfällen und Begegnungen und materieller Unterstützung, von denen kein Mensch geglaubt hätte, dass sie auf diesem Wege kommen würden. Was immer du meinst oder glaubst, tun zu können, beginne es. Handeln enthält Magie, Anmut und Kraft."

So darf sich also ein neuer Erdball um mich schließen. Und die Vermutung, dass es bei mir mit dem Schreiben weiter gehen wird, ist auch nicht von der Hand zu weisen. Wohlan ...


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