Neulich bekam ich über meine Homepage eine Mail zugeschickt, ein sogenannter Homepage Kontakt. Dort stand dann:
Ich habe eine fast 15-jährige Tochter mit dem Verdacht auf Transsexualität. Sie war dieses Jahr in der psychotherapeutischen Klinik und wurde allerdings nach
16 Tagen entlassen, da die Therapeuten nicht mehr weiter wussten.
Durch meine Recherchen im Internet bin ich nun auf Ihre sehr schöne Homepage gestoßen und wollte Sie fragen, ob Sie mir nicht Beistand leisten könnten. Für einen telefonischen Rückruf wäre ich Ihnen sehr dankbar. Ich bin seit sechs Jahren geschieden und abends meist zwischen acht und erreichbar.
Berührend und erschreckend daran ist, dass Menschen lange surfen müssen und allen Mut zusammen nehmen, um sich selber zu erklären. Es gibt keine klaren Anlaufstellen. Seit mehr als 25 Jahren haben wir in Deutschland zwar ein Gesetz, dass den Übergang zwischen den Geschlechtern (und vielleicht auch die Grauzone) regeln möchte, aber überwiegend fehlen kompetente Ansprechpartner. Therapeuten arbeiten mit dem Instrumentarium der Diagnose und Intervention, suchen sich an dem zu orientieren, was als bekannt und damit erkennbar beschrieben wurde. Immer wieder stoße auch auf die Tatsache, dass gerade Therapeuten sich an dieser Diagnose "versuchen" und man kann bei dieser Meldung nachgerade dankbar sein, dass sie selber ihre Unwissenheit zugeben. Das ist nicht immer so - mit oft fatalen Ergebnissen.
Ich nahm also Kontakt zu diesem Vater auf und traf auf einen Mann, der völlig verunsichert war, da niemand ihm die notwendige Vermittlung anbot. Einfach zuhören. Ängste wahrnehmen. Fragen so sachlich wie möglich beantworten. Und vor allem da sein als jemand, der diesen Weg schon gegangen ist. Später im Laufe der Beratung nahm ich auch Kontakt mit seinem Kind auf. Es war weiter, als die Angst des Vater es erlaubte. Viel weiter. Und es brauchte etwas Zeit, bis auch dieses Kind lernte, den Vater mit zu nehmen. Der da nichts und niemanden verstehen konnte, aber eines unbedingt wusste: Ich möchte mein Kind bei aller Angst in mir, nicht im Stich lassen. Und das war wunderschön.
Zugleich aber stimmt auch, dass immer mehr TransMenschen in Deutschland aus dem Leben gekickt werden. Umfragen ergaben, dass über 90% der MannZuFrau Menschen keine Perspektive mehr entwickeln und arbeitslos werden. Ein Tribut an eine Lösung, die nur in Paragraphen denkt und nicht weiter schauen kann oder will. Sicherlich hat es auch mich nun getroffen, da man Zukunft in der Ev. Kirche nicht eröffnete, statt dessen alles verschloss aus eigener Angst. Anders als dieser Vater, war man nie in der Lage, die eigenen Ängste zu thematisieren und entliess, statt zu reden. Zeigte an bei der Polizei, statt vorbei zu kommen. Rechtfertigte sich selber, statt auch nur mal drei ehrliche Worte miteinander zu wechseln.
Was nötig wäre, ist tatsächlich eine Ombudsstelle für Transsexualität, für diese kleinen fast unscheinbaren Leistungen, die dennoch große Wirkung entfalten können. Die Holländer nebenan sind diesen Weg gegangen und erlauben nicht nur, sondern begleiten und vermitteln immer wieder, wenn es nötig ist, dass ein Mensche Mensch unter Menschen bleiben kann. Dass der Aussatz immer in den Köpfen anderer beginnt, haben sie begriffen. In Deutschland muss man statt dessen immer noch die eigene Haut zu Markte tragen. Schlimm genug.
Montag, Juli 02, 2007
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