Montag, Juli 23, 2007

Passierscheine ins Leben

So sehen sie also aus, diese Passierscheine im Niemandsland der Geschlechter.

Zum Vergrößern bitte anklicken

Man fügt diese Bescheinigung dem Personalausweis bei und hofft, damit "durch" zu kommen. Passing sagt man im Englischen dazu und meint, dass man eine Grenze schon längst überschritten hat und nun - amtlich bestätigt - eine neue Begrenzung braucht, um nicht ganz schutzlos da zu stehen. So hatte ich also eine Zeit lang meinen eigenen Passier- und Begrenzungsschein immer bei mir.

Ausgestellt wurde dieser tatsächlich vom sozial-psychiatrischen Dienst der Stadt Düsseldorf. Dr. Behrends, dem ich nach wie vor sehr zu Dank verpflichtet bin für seine unkomplizierte Tat. Denn während die Kirchenfürsten sich voyueristisch selber lähmten, schrieb er mir dieses Attest, mit welchem es mir dann möglich war, eine Wohnung in Wuppertal anzumieten.

Tatsächlich bin ich während meiner Operation zugleich umgezogen, weil der Superintendent von Jülich nicht in der Lage war, seine Hand zu reichen dann, als ich sie dringend gebraucht hatte. Immer wiederholte er "Grünes Licht!" - aber es war niemand da, der den Gang einlegte.

Wahrscheinlich sah auch er nur zu, was werden würde, fasziniert von einem Menschenkind, das öffentlich und offensichtlich aus dem angeborenen Geschlecht desertierte. Sah zu und tat nichts.

Ich glaube tatsächlich, da entsteht eine eigene Asynchronität, die es kaum mehr erlaubt, Vertrauen zu fassen. Weil man alles sieht und doch nichts tut. Weil das Auge erblindet, wenn es alles sehen will. Weil der Voyeurismus die eigene Phantasie ins Spiel bringen will, anstatt wirklich zu tun, was nötig wäre.

Umso witziger, dass nun - zwanzig Jahre danach - das Landeskirchenamt den sozial-psychiatrischen Dienst in Düsseldorf meint in meiner Angelegenheit einschalten zu müssen. Was wiederum vortrefflich zeigt, dass sie nichts gelernt haben. Aber auch gar nichts.

Ein Theologe aus der Dritten Welt sagte mir mal auf meiner ersten Karl-Barth Tagung auf dem Schweizer Leuenberg, für ihn fasse sich die gesamte Theologie in einem einzigen Satz zusammen:

"Großes Problem, ein Mensch geht vorbei!"




__________________________
P.S.: Erschreckend bis witzig war es, neulich zu erfahren, dass das Landeskirchenamt tatsächlich in meinem Fall zuletzt genau denselben sozial-psychiatrischen Dienst in Düsseldorf einschalten wollte. 20 Jahre danach, allerdings nicht für ein Gutachten, sondern offensichtlich um mich zwangsweise untersuchen zu lassen. Was ja wohl auch auf das Trefflichste anzeigt, wieviel Jahr sie zu spät kommen. Natürlich hat sich die Leitung des Dienstes- trotz Bitten des Landeskirchenamtes - jedlichen Kommentares zu mir und einem solchen Ansinnen enthalten. Recht so.

Keine Kommentare: