Wie die Zeiten sich ändern. Damals, als ich anfing mich selber gegen alle Angst zu begreifen, waren Informationen Mangelware. Es gab den Spiegel mit einem ersten Bericht über Renee Richards Geschlechterkonversion im Jahre 1975. Damals konnte mein Vater die gelesenen Ausgaben eines Freundes Wochen später lesen und so kam auch der Spiegel mit diesen Berichten in meine Hand. Zitternd und unbegreiflich, dass es "so etwas" auch außerhalb von mir geben konnte. Und erschüttert darüber, dass "es" schon bekannt war, irgendwie raus gekommen , was ich jahrelang unter meiner Haut zu verbergen suchte.
Ja, ich empfand mich als fremd, als nie wirklich dazu gehörig und irgendwie dazwischen. Dieses Dazwischen sein schaffte es auf der anderen Seite aber auch, dass ich nach außen hin wunderbar funktionieren konnte. Kein Sitzenbleiben, keine Notenpatzer, ein wunderbares Kind mit hoch intelligenten Leistungen. Kann sein, ich habe mich darin verstecken können. Kann sein, es war eine Art gelungener Sublimation, das mein kleines Geheimnis schütze. Und dann diese Spiegel Artikel. Unerhört.
Es muss kurz davon oder danach gewesen sein, dass ich mich dann bekehrte zu Jesus Christus - so wie der CVJM es vorsah und mit allem Brennen, zu dem ein Herz fähig war. Ja, ich war fromm und schwebte immer zwei Zentimenter über dem Boden - weltfremd, weil jeder Blick auf die Wirklichkeit Schwindel bereitet und die vermeidliche Sicherheit im Himmel doch weitaus besser war dagegen einzutauschen. Dass es anders kam, bedeutet aber zum Glück nicht die Verleugnung des Glaubens, sondern eher dessen Bewahrheitung. Dass Gott Menschen rechtfertigt, dass er ihnen sein Ja gibt, damit sie leben können - mit welchen Fähigkeiten und Gebrechen auch immer.
Ein Internet existierte damals nicht. Es gab keine E Mails und auch keine Usergroups oder Newsforen. Alles, was das Internet an Information, an gegenseitigem Erkennen leisten kann, war Zukunft noch. Und man tat sich schwer. Später, viel später lernte ich dann die EZKU kennen und besuchte deren Herausgeberin Anna Bödecker in Köln. Kennen gelernt habe ich die Zeitung in Wuppertal, nachdem ich mich meiner Ärztin offenbart hatte. Irgendwie bekam ich den Kontakt und zum ersten Mal war da ein großes Aufatmen in mir : als werdende Frau musste man seinen Verstand nicht verlieren.
Immerhin hatte ich zuvor schon einmal eine Transsexuelle getroffen. Sabrina, ein ehemaliger Baggerführer und LKW Fahrer in Rüschenbluse und tönendem Bass. Die Finger nikotingelb dozierte sie über Nagellack und schwelgte in Erinnungen nächtlicher Autobahnfahrten mit Höchstgeschwindigkeit durchs Aosta Tal. Mehr als eine Doppelbelichtung erschreckte sie mich allein mit dem Gedanken, selber so werden zu können, zu müssen. Denn jedes Erkennen ist ein Wiedersehen und jeder Kontakt mit Transsexuellen war für mich in dieser Zeit Anziehung und Abstoßung zugleich.
Ein Gefühl, das sich durch den Magen zog wie ein brennendes Eisen. Eine Begegnung, die man vergessen will und in bebendem Bemühen sich nachts in die Träume schlicht, mich schreckhaft aufwachen ließ. Jahre später sollte mir ähnliches widerfahren, als ich als neue Frau die Synode in Bad Neuenahr besuchte und neben mir wiederum eine jener Nikotin geschwängerten Rüschenblusen sich vernehmlich machte, die ich später als Helma Alter identifizieren konnte, die Gründerin der Transsexuellen Selbsthilfe. Was für ein Erkennen, als sie dort oben für Trans-Leute meinte sich melden zu müssen zu, nicht ahnend, dass neben ihr die ersten geschlechter-konvertierte Theologin schon stand. Aber so war es immer mit dieser Selbsthilfe, die listenreich doch eher den eigenen Mangel bei anderen einklagte, anstatt wirklich hin zu schauen und zu organisieren.
Die EZKU dagegen war mir eine Offenbarung. Und zum ersten Mal las ich von anderen und begann zu begreifen, dass ich kein Einzelexemplar war, sondern Geschwister hatte. Menschen mit ähnlichen Infekten. Denn mit Geschichten und Geschlecht waren wir alle merkwürdig und unheilbar infiziert. Eine Krankheit zum Tode, das war es wohl nicht, obgleich ich es stets dachte.
Nach all meinen Wegen und spät, sehr spät fand ich dann 1997 den Weg ins Internet. Damals als frisch und ohne nachvollziehbare Gründe entlassene Pastorin im Sonderdienst, die weiß Gott mit Transgender Menschen nichts zu tun haben wollte, sondern auch und vor allen Dingen postoperativ für sich sein wollte. Kein Wunder, bot die Kirche sich als Versteck und forderte geradezu mein Schweigen heraus: Kein Wort über die Lippen. Du bist Frau und basta. Wen interessiert Dein Weg, Dein Werden? Keinen, also sei da un dankbar. So ungefähr ließen sich alle kirchlichen Durchsagen zusammen fassen.
1997 jedoch fand ich bei meiner ersten Suche im Internet eine wundersame Seite. Es gab das diese kandadische Internetpräsenz: C-Theory Und dort ein Bericht einer amerikanischen Professorin über einen Gender Workshop in San Francisco, den eine gewisse Kate Bornstein gehalten hatte. A transsexual Tiresias. Und sofort wusste ich, dass ich Kate treffen musste. Sofort wurde mir klar, dass mein Frausein, das wiedergewonnene Geschlecht, eine Genossin gefunden hat.
Je länger je mehr wurde mir das Netz dann als neue Welt offenbar und in allem Schmerz, auch damals durch die Trennung von Anne verursacht sowie die ausgewiesene Ignoranz einer Kirche, konnte ich dort mich wieder sehen. Ein Spiegel und weit mehr - so als wäre ich wie Alice im Wunderland durch meinen Spiegel in eine neue Welt gesprungen.
Heute fand ich zum Erstaunen den ersten, wirklich überzeugenden Podcast auf YouTube zum Thema Transgender und ich musste schmunzlen und an meinen langen Weg hin zu mehr Informationen und Wissen denken. Dennoch denke ich, tat es mir gut, mit das Wissen anzueignen statt es nur serviert zu bekommen, womit ich dann bei dem großen Unterschied zu heute bin. Wenn alles zugänglich ist, wird es nur konsumierbar, nicht aber aufgenommen und affiziert. Kann sein, das Langsame der Aneignung hat mir gut getan.
Heute jedoch bin auch ich immer noch beeindruckt von den Möglichkeiten, wie sie sich hier im Internet nun bieten, obgleich ich mir sicher bin: innerlich hilft auch Information nur bedingt weiter. Die Erschütterungen über sich selber bleiben gleich und so muss man schauen, sich anzuschauen und wieder zu sehen - in welcher Gestalt auch immer.
Ja, ich empfand mich als fremd, als nie wirklich dazu gehörig und irgendwie dazwischen. Dieses Dazwischen sein schaffte es auf der anderen Seite aber auch, dass ich nach außen hin wunderbar funktionieren konnte. Kein Sitzenbleiben, keine Notenpatzer, ein wunderbares Kind mit hoch intelligenten Leistungen. Kann sein, ich habe mich darin verstecken können. Kann sein, es war eine Art gelungener Sublimation, das mein kleines Geheimnis schütze. Und dann diese Spiegel Artikel. Unerhört.
Es muss kurz davon oder danach gewesen sein, dass ich mich dann bekehrte zu Jesus Christus - so wie der CVJM es vorsah und mit allem Brennen, zu dem ein Herz fähig war. Ja, ich war fromm und schwebte immer zwei Zentimenter über dem Boden - weltfremd, weil jeder Blick auf die Wirklichkeit Schwindel bereitet und die vermeidliche Sicherheit im Himmel doch weitaus besser war dagegen einzutauschen. Dass es anders kam, bedeutet aber zum Glück nicht die Verleugnung des Glaubens, sondern eher dessen Bewahrheitung. Dass Gott Menschen rechtfertigt, dass er ihnen sein Ja gibt, damit sie leben können - mit welchen Fähigkeiten und Gebrechen auch immer.
Ein Internet existierte damals nicht. Es gab keine E Mails und auch keine Usergroups oder Newsforen. Alles, was das Internet an Information, an gegenseitigem Erkennen leisten kann, war Zukunft noch. Und man tat sich schwer. Später, viel später lernte ich dann die EZKU kennen und besuchte deren Herausgeberin Anna Bödecker in Köln. Kennen gelernt habe ich die Zeitung in Wuppertal, nachdem ich mich meiner Ärztin offenbart hatte. Irgendwie bekam ich den Kontakt und zum ersten Mal war da ein großes Aufatmen in mir : als werdende Frau musste man seinen Verstand nicht verlieren.
Immerhin hatte ich zuvor schon einmal eine Transsexuelle getroffen. Sabrina, ein ehemaliger Baggerführer und LKW Fahrer in Rüschenbluse und tönendem Bass. Die Finger nikotingelb dozierte sie über Nagellack und schwelgte in Erinnungen nächtlicher Autobahnfahrten mit Höchstgeschwindigkeit durchs Aosta Tal. Mehr als eine Doppelbelichtung erschreckte sie mich allein mit dem Gedanken, selber so werden zu können, zu müssen. Denn jedes Erkennen ist ein Wiedersehen und jeder Kontakt mit Transsexuellen war für mich in dieser Zeit Anziehung und Abstoßung zugleich.
Ein Gefühl, das sich durch den Magen zog wie ein brennendes Eisen. Eine Begegnung, die man vergessen will und in bebendem Bemühen sich nachts in die Träume schlicht, mich schreckhaft aufwachen ließ. Jahre später sollte mir ähnliches widerfahren, als ich als neue Frau die Synode in Bad Neuenahr besuchte und neben mir wiederum eine jener Nikotin geschwängerten Rüschenblusen sich vernehmlich machte, die ich später als Helma Alter identifizieren konnte, die Gründerin der Transsexuellen Selbsthilfe. Was für ein Erkennen, als sie dort oben für Trans-Leute meinte sich melden zu müssen zu, nicht ahnend, dass neben ihr die ersten geschlechter-konvertierte Theologin schon stand. Aber so war es immer mit dieser Selbsthilfe, die listenreich doch eher den eigenen Mangel bei anderen einklagte, anstatt wirklich hin zu schauen und zu organisieren.
Die EZKU dagegen war mir eine Offenbarung. Und zum ersten Mal las ich von anderen und begann zu begreifen, dass ich kein Einzelexemplar war, sondern Geschwister hatte. Menschen mit ähnlichen Infekten. Denn mit Geschichten und Geschlecht waren wir alle merkwürdig und unheilbar infiziert. Eine Krankheit zum Tode, das war es wohl nicht, obgleich ich es stets dachte.
Nach all meinen Wegen und spät, sehr spät fand ich dann 1997 den Weg ins Internet. Damals als frisch und ohne nachvollziehbare Gründe entlassene Pastorin im Sonderdienst, die weiß Gott mit Transgender Menschen nichts zu tun haben wollte, sondern auch und vor allen Dingen postoperativ für sich sein wollte. Kein Wunder, bot die Kirche sich als Versteck und forderte geradezu mein Schweigen heraus: Kein Wort über die Lippen. Du bist Frau und basta. Wen interessiert Dein Weg, Dein Werden? Keinen, also sei da un dankbar. So ungefähr ließen sich alle kirchlichen Durchsagen zusammen fassen.
1997 jedoch fand ich bei meiner ersten Suche im Internet eine wundersame Seite. Es gab das diese kandadische Internetpräsenz: C-Theory Und dort ein Bericht einer amerikanischen Professorin über einen Gender Workshop in San Francisco, den eine gewisse Kate Bornstein gehalten hatte. A transsexual Tiresias. Und sofort wusste ich, dass ich Kate treffen musste. Sofort wurde mir klar, dass mein Frausein, das wiedergewonnene Geschlecht, eine Genossin gefunden hat.
Je länger je mehr wurde mir das Netz dann als neue Welt offenbar und in allem Schmerz, auch damals durch die Trennung von Anne verursacht sowie die ausgewiesene Ignoranz einer Kirche, konnte ich dort mich wieder sehen. Ein Spiegel und weit mehr - so als wäre ich wie Alice im Wunderland durch meinen Spiegel in eine neue Welt gesprungen.
Heute fand ich zum Erstaunen den ersten, wirklich überzeugenden Podcast auf YouTube zum Thema Transgender und ich musste schmunzlen und an meinen langen Weg hin zu mehr Informationen und Wissen denken. Dennoch denke ich, tat es mir gut, mit das Wissen anzueignen statt es nur serviert zu bekommen, womit ich dann bei dem großen Unterschied zu heute bin. Wenn alles zugänglich ist, wird es nur konsumierbar, nicht aber aufgenommen und affiziert. Kann sein, das Langsame der Aneignung hat mir gut getan.
Heute jedoch bin auch ich immer noch beeindruckt von den Möglichkeiten, wie sie sich hier im Internet nun bieten, obgleich ich mir sicher bin: innerlich hilft auch Information nur bedingt weiter. Die Erschütterungen über sich selber bleiben gleich und so muss man schauen, sich anzuschauen und wieder zu sehen - in welcher Gestalt auch immer.
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