Es war mal wieder ein netter Tag in einer Hauptschule. Seit Neuestem mache ich dort sog. Kompetenz-Analysen. Fahre um sechs Uhr am Niederrhein los, um um Achte pünktlich mit meinem Arbeitskoffer in der Schule zu sein. Und dann gibt es acht Stunden eine Klasse im Check.
Die Leerer sind meistens lehr und ausgebrannt. Einige schon unter jahrzehntelanger Patina als Mensch verborgen. Wenn man nett ist , werden sie zutraulich und lassen sich etwas kraulen. Ansonsten viel Burn-Out und still stehende Angestrengtheit. Es tut auch ihnen , wenn da sind. Ein Tag andere Perspketive auf Schüler, die man tagtäglich vor sich sitzen hat.
Der Herr vom Arbeitgeberverband betreibt , was ihm eigentlich gar nicht steht. Er betreibt Werbung. Wunderbar inmitten der Hauptschule. Da, wo sich niemand sonst blicken lässt, ist er da. Wo doch alle Arbeitgeber hoffen auf den Fachkräfte-Aufschwung aus dem Osten. Und sich hier alles sparen. Das sind dann Jugendliche ohne Chance. Die an der Hauptschule. Und weil man ihnen von vornherein gibt, bleibt es auch so.
Trotzdem oder jetzt erst recht ist ihm die Förderung der Hauptschule eine Herzensangelegenheit. Das gibt es bisher nur in Dortmund. Stahlarbeiterestadt mit aussterbender Industrie und Kultur.
Die Malocherstadt.
Man merkt es durch seine Angebote und die Aufmerksamkeit, die er anderen gibt, dass es ihm ernst ist. Schön, dass er wieder da war. Heute morgen in der Schule. Macht weiter so.
Während dessen müssen die Kiddies angepackt werden. Es ist anders als in der Realschule. Wie sagte noch Josephine Baker: Um seinen Traum leben zu können,
muss man erst mal aus ihm erwachen. Viele von denen schlafen noch. Träumen noch. Berufswünsche aus der Nachmittagsflimmerkiste. Abgesehen. Kopiert. Ohne jemals sich drum gekümmert zu haben.
Dann gibt es diese wunderbare Auswertungsrunden. Ich komme sehr schnell auf den Punkt. Werde direktiv und finde ein Nicken oder Lächeln im Gesicht. Einer der ansonsten im PLO Arafat Tuch Vermummten, nimmt es freiwillig ab, lächelt schüchtern in die Runde. Ja, ich werde mich ab sofort zeigen und Konflikte annehmen lernen. Die Veränderung fängt immer bescheiden an. Und nicht nur mit flüchtigen Versprechen. Natürlich vor allen und schriftlich dokumentiert. Das ist gut so.
Jede Gruppe hat ihre eigene Weisheit. Die Kontrolle untereinander, die Erfahrung, dass man sich helfen und unterstützen kann, ist kaum ernsthaft gemacht. Anfangs schämen sie sich, offen zu sein. Zu reden von den Wünschen, ihre Fähigkeiten zu entdecken. Sich zu zeigen.
Später wird es anders. Ganz anders werden. Ayshe, die immer zu spät kommt bekommt Lächeln mehr von mir. Irritation allenthalben. Wie immer. "Hör auf damit, Prinzessin zu sein." - sage ich ihr. Sie erschrickt. Wirkt ertappt. Schlägt die Augen auf. Unschludig. So wie immer. Kann man mir etwa böse sein? Ja man kann und es ist dringend nötig. Statt dessen - sei erwachsen. Schon jetzt. Gegen den Strom gebürstet. Du brauchst das nicht mehr.
Daneben sitzt Matthias. Hyperaktiv. Wie schon so lange und den ganzen Tag über. Er braucht Berührung. Einmal kurz auf den Arm, die Schulter. Schon jetzt. Aufmerksamkeitsdefizitsydrom, das ist ein viel zu langes Wort für ihn. Er könnte es nocht nicht mal aussprechen. Er braucht keine Diagnosen, sondern Menschen, die sich nicht scheuen, ihm zu begegnen. Ihn mal in den Arm zu nehmen. Damit die Gefühle nachlaufen können. Die sich schon seit Wochen zu Hause angestaut haben. Mehr ist es nicht. Und doch alles für ihn.
Es sind diese kleinen Momente, die die Arbeit so angenehm machen. Dann kann auch ich nicht anders als sagen: gut, dass sie alle da sind. Kurzum: ein schöner Erfolg. Und schnell durch, ohne die Qualität zu vernachlässigen.
Man muss es nur wollen ...um 16 Uhr Feierabend.
Geschafft aber mit einem Lächeln im Gesicht.
Wie andere auch.
Donnerstag, Oktober 11, 2007
Johannes und Eva - Geschichte einer medialen Versuchung
Im Fernsehn bei Johannes gab es nun das Treffen mit Eva. Nach langer Zeit. Viel Platz im Fernsehn und doch keiner - von beiden Seiten.
Kerner versus Herman.
Eva Herman erinnert mich dabei an einen Betrunkenen, der an der Litfaßsäule torkelt und schreit, warum man ihn denn eingemauert habe. Das Tragische bei Eva Herman ist, dass das, was ihr Halt gibt,zugleich ihr Gefängnis wird. Davon wird sie sich nicht befreien können. Auch mit Hilfe eines Kerners nicht.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Klar, dass sie sich nun gegen alles, was sie von diesem Kurs abbringen kann, wehren muss. Und auch klar, dass sie anderes nicht mehr wahrnehmen kann.
Schlimm allerdings wird es, wenn die "Verfertigung der Gedanken während des Sprechvorganges" (H.v.Kleist) eben zu solchen Ergebnissen wie die des Autobahn-Vergleiches führen. "Auch Hitler hat Autobahnen gebaut und wir fahren darauf!" Das kann man sich als Moderatorin vielleicht, aber als Werte-Kämpferin schon gar nicht mehr erlauben. Das geht wirklich nicht.
Anders Kerner, der ein Quoten trächtiges, "allgemein verschärftes Verhör zur Erheiterung des Publikums und Läuterung der Deliquentin" in Szene setze, das völlig unangemessen und tendenziös war. Ein Grund, weg zu sehen. Für immer.
Gastfreundschaft muss sich auch in Talkshows als ein Gut an und für sich ausweisen. Gerade dann, wenn die Kameras laufen. Einem Alfred Biolek wäre so etwas kaum unterlaufen, aber der hatte noch eine gewisse emotionale Reife und war nicht abhängig von flüchtig zusammen gestellten Karteikarten und Verhöranweisungen.
Fazit: Beide haben sie nach Maßen gründlich blamiert. Und nun haben sie öffentlich eine Freundschaft demontiert, wie es schlimmer nicht sein kann.
Der Beifall des Publikums täuscht.
Im Hals bleibt er stecken.
Quod erat demonstrandum.
Schade eigentlich.
____________________
P.S.: Dieser Kommentar wurde an das Gästebuch von www.eva-herman.de geschickt und abgelehnt. Eine Zensur findet auch bei Frau Herman nicht statt. Warum auch, wenn man durch Schweigen mehr reden kann - in diesem Fall.
Kerner versus Herman.
Eva Herman erinnert mich dabei an einen Betrunkenen, der an der Litfaßsäule torkelt und schreit, warum man ihn denn eingemauert habe. Das Tragische bei Eva Herman ist, dass das, was ihr Halt gibt,zugleich ihr Gefängnis wird. Davon wird sie sich nicht befreien können. Auch mit Hilfe eines Kerners nicht.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Klar, dass sie sich nun gegen alles, was sie von diesem Kurs abbringen kann, wehren muss. Und auch klar, dass sie anderes nicht mehr wahrnehmen kann.
Schlimm allerdings wird es, wenn die "Verfertigung der Gedanken während des Sprechvorganges" (H.v.Kleist) eben zu solchen Ergebnissen wie die des Autobahn-Vergleiches führen. "Auch Hitler hat Autobahnen gebaut und wir fahren darauf!" Das kann man sich als Moderatorin vielleicht, aber als Werte-Kämpferin schon gar nicht mehr erlauben. Das geht wirklich nicht.
Anders Kerner, der ein Quoten trächtiges, "allgemein verschärftes Verhör zur Erheiterung des Publikums und Läuterung der Deliquentin" in Szene setze, das völlig unangemessen und tendenziös war. Ein Grund, weg zu sehen. Für immer.
Gastfreundschaft muss sich auch in Talkshows als ein Gut an und für sich ausweisen. Gerade dann, wenn die Kameras laufen. Einem Alfred Biolek wäre so etwas kaum unterlaufen, aber der hatte noch eine gewisse emotionale Reife und war nicht abhängig von flüchtig zusammen gestellten Karteikarten und Verhöranweisungen.
Fazit: Beide haben sie nach Maßen gründlich blamiert. Und nun haben sie öffentlich eine Freundschaft demontiert, wie es schlimmer nicht sein kann.
Der Beifall des Publikums täuscht.
Im Hals bleibt er stecken.
Quod erat demonstrandum.
Schade eigentlich.
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P.S.: Dieser Kommentar wurde an das Gästebuch von www.eva-herman.de geschickt und abgelehnt. Eine Zensur findet auch bei Frau Herman nicht statt. Warum auch, wenn man durch Schweigen mehr reden kann - in diesem Fall.
Donnerstag, Oktober 04, 2007
SWR Nachtcafe
Nun also ist es soweit. Das Nachtcafé geht mit einer Woche Verspätung an den Start. Ein Blick auf die Seite bringt Erfreuliches zu Tage: Nun bin ich nicht nur Lebensberaterin sondern auch Coach, was sicherlich für einige besser verständlich ist. Und es scheint auch eine gute Zeit zu sein, sich mal wieder als Mensch an-zu-zeigen.
Ich freue mich auf die Reaktionen, zumal man doch aus im Raume der Kirche in einem eher schalltoten Raum leben muss: Unterstützung habe ich selten bis kaum kennen gelernt. Und bis zu letzt redete man nicht mit mir. Statt dessen gab man sich lieber den eigenen Ängsten und Projektionen hin. (1)
Wozu ich hier einladen möchte ist, sich hier etwas um zu sehen. Spazieren zu gehen mit der Seele. Über Geschichten, die berühren.
Was ich mir wünsche ist: Unterstützung, die sehr unterschiedlich aussehen kann. Zuerst damit, sich auch als Mensch an-zu-zeigen. Etwas, was wir schon so oft verlernt haben. Sich zu zeigen und da zu sein. Einen Kommentar zu Schreiben meinetwegen. Das tut auch mir gut, denn man singularisiert doch sehr schnell mit solch einer Geschichte. Man wurde zu lange als Exemplar Mensch betrachtet. Man hat gelebt, ohne sofort und schwindelfrei in einen guten Alltag zu finden.
Zu viele sind auf der Strecke geblieben. Zu wenigen wurde geholfen. Dank gebührt da meiner Partnerin - ohne Frage. Aber es ist dringend nötig, Unterstützung zu organisieren. Etwas Neues aufzubauen, das anderen hilft. Eine Ombudsstelle Transgender wäre nötig, am besten direkt angesiedelt im Familienministerium.
Das nächste wäre durchaus, mich einfach weiter zu empfehlen.
Ja, ich arbeite als Coach und Lebensberaterin und das sehr gerne und - wohl auch gut. Zur Zeit erarbeite ich ein Angebot zum Online Coaching und für eine Retraite oder ein Intensiv Coaching für Manager am Niederrhein - fragen Sie mich einfach. Ich schicke Ihnen die Unterlagen per Mail zu.
Ja, ich bin auch eine freie Trauerrednerin und habe noch lange nicht verlernt, was es zu sagen gilt in solchen Fällen. Inzwischen ist es mir ein tiefes Bedürfnis für die da zu sein, die diese Kirche schon verlassen haben, die Konfessions-freien, die von ihr (meist zu Recht) Ent-täuschten. Die aus vielerlei Gründen ausgetreten sind und doch Worte brauchen, die noch taugen. Diese Geschichten berühren mich auch heute. Man kann mich buchen.
Sicherlich wäre es gut, wenn sich auf diesem Wege auch ein Verlag für mein Buch finden würde. Etwas Mut und Unterstützung, sich durch diesen Berg an Leben zu wühlen, der noch wie lose Socken ungeordnet auf meinem Schreibtisch liegt, braucht es schon. Vorstellbar wäre auch eine Kolumne in einer Zeitschrift oder einem Magazin - warum nicht?
Und vielleicht wächst ja etwas über uns hinaus: eine Verbundenheit über die üblichen Zugehörigkeiten hinweg. Ein Berührung von Leben. Das wünschte ich mir: dass ich nicht mehr kämpfen muss, sondern mich anvertrauen kann, dem was mir begegnet. Auch jetzt wieder.
So wie Rose Ausländer schrieb in einem Gedicht, dass ich auf der Bühne zitierte in meinem Praxisprojekt "Ein Haarbreit Wunder" 1990 in der Pauluskirche zu Duisburg. (2)
Wo sind
die Auferstanden
die ihren Tod
überwunden haben
das Leben liebkosen
sich anvertrauen
dem Wind
Kein Engel
verrät
ihre Spur
_____________________________
(1) Von den mir bekannten, fünf Fällen von Geschlechterkonversion im Raum der Ev. Kirche hat keiner eine Beschäftigung oder seinen Arbeitsplatz erhalten können. Auch mir ist niemals eine Stelle oder eine Arbeit angeboten worden. Es ist ja nicht immer nur der Einzelfall, weswegen man an die Öffentlichkeit gehen muss. Die Gefahr der Exemplarisierung ist zu groß. Daher bleibt es wichtig, darauf hinzuweisen, dass Unterstützung für andere nötig ist. Eine, die nahe beim Menschen ist und bleibt.
(2)Das Projekt "Ein Haarbreit Wunder" mit dem ersten Tanztheater im gottesdienstlichen Raum schaffte es 1990 immerhin, über 250 Menschen in die sonst eher menschenleere Pauluskirche zu Duisburg Hochfeld zu locken. Als Praxisprojekt wurde es im Rahmen meines Zweiten Examen mit mangelhaft bewertet.
Ich freue mich auf die Reaktionen, zumal man doch aus im Raume der Kirche in einem eher schalltoten Raum leben muss: Unterstützung habe ich selten bis kaum kennen gelernt. Und bis zu letzt redete man nicht mit mir. Statt dessen gab man sich lieber den eigenen Ängsten und Projektionen hin. (1)
Wozu ich hier einladen möchte ist, sich hier etwas um zu sehen. Spazieren zu gehen mit der Seele. Über Geschichten, die berühren.
Was ich mir wünsche ist: Unterstützung, die sehr unterschiedlich aussehen kann. Zuerst damit, sich auch als Mensch an-zu-zeigen. Etwas, was wir schon so oft verlernt haben. Sich zu zeigen und da zu sein. Einen Kommentar zu Schreiben meinetwegen. Das tut auch mir gut, denn man singularisiert doch sehr schnell mit solch einer Geschichte. Man wurde zu lange als Exemplar Mensch betrachtet. Man hat gelebt, ohne sofort und schwindelfrei in einen guten Alltag zu finden.
Zu viele sind auf der Strecke geblieben. Zu wenigen wurde geholfen. Dank gebührt da meiner Partnerin - ohne Frage. Aber es ist dringend nötig, Unterstützung zu organisieren. Etwas Neues aufzubauen, das anderen hilft. Eine Ombudsstelle Transgender wäre nötig, am besten direkt angesiedelt im Familienministerium.
Das nächste wäre durchaus, mich einfach weiter zu empfehlen.
Ja, ich arbeite als Coach und Lebensberaterin und das sehr gerne und - wohl auch gut. Zur Zeit erarbeite ich ein Angebot zum Online Coaching und für eine Retraite oder ein Intensiv Coaching für Manager am Niederrhein - fragen Sie mich einfach. Ich schicke Ihnen die Unterlagen per Mail zu.
Ja, ich bin auch eine freie Trauerrednerin und habe noch lange nicht verlernt, was es zu sagen gilt in solchen Fällen. Inzwischen ist es mir ein tiefes Bedürfnis für die da zu sein, die diese Kirche schon verlassen haben, die Konfessions-freien, die von ihr (meist zu Recht) Ent-täuschten. Die aus vielerlei Gründen ausgetreten sind und doch Worte brauchen, die noch taugen. Diese Geschichten berühren mich auch heute. Man kann mich buchen.
Sicherlich wäre es gut, wenn sich auf diesem Wege auch ein Verlag für mein Buch finden würde. Etwas Mut und Unterstützung, sich durch diesen Berg an Leben zu wühlen, der noch wie lose Socken ungeordnet auf meinem Schreibtisch liegt, braucht es schon. Vorstellbar wäre auch eine Kolumne in einer Zeitschrift oder einem Magazin - warum nicht?
Und vielleicht wächst ja etwas über uns hinaus: eine Verbundenheit über die üblichen Zugehörigkeiten hinweg. Ein Berührung von Leben. Das wünschte ich mir: dass ich nicht mehr kämpfen muss, sondern mich anvertrauen kann, dem was mir begegnet. Auch jetzt wieder.
So wie Rose Ausländer schrieb in einem Gedicht, dass ich auf der Bühne zitierte in meinem Praxisprojekt "Ein Haarbreit Wunder" 1990 in der Pauluskirche zu Duisburg. (2)
Wo sind
die Auferstanden
die ihren Tod
überwunden haben
das Leben liebkosen
sich anvertrauen
dem Wind
Kein Engel
verrät
ihre Spur
_____________________________
(1) Von den mir bekannten, fünf Fällen von Geschlechterkonversion im Raum der Ev. Kirche hat keiner eine Beschäftigung oder seinen Arbeitsplatz erhalten können. Auch mir ist niemals eine Stelle oder eine Arbeit angeboten worden. Es ist ja nicht immer nur der Einzelfall, weswegen man an die Öffentlichkeit gehen muss. Die Gefahr der Exemplarisierung ist zu groß. Daher bleibt es wichtig, darauf hinzuweisen, dass Unterstützung für andere nötig ist. Eine, die nahe beim Menschen ist und bleibt.
(2)Das Projekt "Ein Haarbreit Wunder" mit dem ersten Tanztheater im gottesdienstlichen Raum schaffte es 1990 immerhin, über 250 Menschen in die sonst eher menschenleere Pauluskirche zu Duisburg Hochfeld zu locken. Als Praxisprojekt wurde es im Rahmen meines Zweiten Examen mit mangelhaft bewertet.
Dienstag, Oktober 02, 2007
Keiner von beiden wolle den Tod des anderen überleben.
Der Philosoph André Gorz ist tot. Und seine Frau.
Gestorben durch eigene Hand - zusammen mit seiner Frau. Ein Tod, der berührt, erinnert er doch ans Leben und die Liebe, die nicht aufhören mag, wenn der eine geht und der andere hinter-blieben ist. Das wäre nicht auszuhalten gewesen, weder hüben noch drüben.
Daher klingt es folgerichtig, wenn als letzter Satz von beiden zu lesen ist: »Oft haben wir uns gesagt, dass wir, sollten wir wundersamer Weise ein zweites Leben haben, es zusammen verbringen möchten.«, so überliefert die ZEIT die letzten Worte der beiden.
André Groz war einer der profiliertesten philosophischen Stimmen und hat nun sein eigenes Schweigen eingereicht. Sein Tod zuletzt redet noch, seine Worte verstummen nicht über diesen Tod hinaus haben die beiden ein Buch veröffentlicht, posthum und sehr lebendig: Briefe an D. Dass die Liebe sein kann vor dem Tod, im Tod und darüber hinaus, dass ein Mensch seine Existens binden kann und darin sich zu seinen eigenen Fähigkeiten befreit sieht, ist kaum nirgends ansichtiger als an den beiden.
Hier der aus seiner ersten Identität vertriebene Jude, der im Exilsland Schweiz (mal wieder und immer noch die) seine Dorinne trifft. Da die englische Frau, die liebt und sonst nichts, die Zeit ihres Lebens englisch mit ihrem Mann spricht, während dieser nach Frankreich emigriert und Mitarbeiter von Jean Paul Satre wird und später noch mehr.
Ja, es gibt gute Beispiele der konvertierenden Identität, die sich selber such und findet in dem, was ihr begegnet. Und es gibt gute Beispiele dafür, dass der Wechsel bejaht, gewollt und gelebt werden muss wie ebenfalls der Abschied. Die jüdischen Geschichten wurden in Deutschland überwiegend vergessen, man erinnert sich ihrer als einer Reminiszenz mit dem Unterton des jetzt amtlichen Bedauerns und hat doch nicht verstanden, was uns alles dort verloren ging.
Verloren gehen - sich dem Tod anheim geben - gemeinsam und ohne Furcht, das haben nun die Groz auch gemacht. Eigentlich heißt André doch Gerhrard Hirsch aus Wien und niemand ermag mehr den Weg ermessen, den jener hinter sich gebracht hat gleichwie jene Frau, die einen Mann heiratete und über 60 Jahre lang begleitete, deren erste Projekte grandios scheiterten.
Im Scheitern einander treu zu sein - das mag auch jetzt gelten als beide sich dem Neuen übergaben. Man fand sie zusammen gelegt auf dem Bett, tod und umarmt, bleibend mit dem Hinweis auf der Türe, man möge doch bitte die Polizei rufen, damit niemand erschrecke vor dem Anblick zweier bis zum Tod Liebenden.
In der Zeit können wir nun kluge Sätze lesen wie diese: Die Liebe zu Dorine konstituierte die Existenz von André Gorz wie sein Werk. Jene Engländerin damals zu treffen, nach dem Krieg, in seinem Exilland, der Schweiz, kam für ihn, den entwurzelten Wiener Juden, der Entscheidung gleich, die Existenz nicht länger zu verweigern und sich aus einer umfassenden Erfahrung der Nichtigkeit, der Identitätslosigkeit heraus neu zu erschaffen.
Und zugleich kommen mir die Tränen in die Augen, weil man spüren und erleben muss, was es heisst, eine Existenz neu zu erschaffen. Dass man konvertiert von Gerhard Hirsch, Sohn eines Wiener Holzhändlers zu André Groz, der ein weltbekannter Philosoph und Sozialkritiker genannt wird. Was für Wege war er und seine Frau gegangen.
60 Jahre haben sie zusammen gelebt. In einem Augenblick sind sie auch zusammen gestorben. Es gab kein Abbruch des Schicksals, keine Abbitte des Todes, kein Vorher-Nachher und Danach. Die Gleichzeitigkeit der Liebe haben sie über den Tod gerettet. Und damit ihre Freiheit demonstriert.
Was mich berührt ist die große Frei-Willigkeit, dieser Welt, diesem Leben und allen Veränderungen in ihm zu begegnen - bis in den Tod. Ein tiefen Einverständnis in das, was uns am Leben hält, was uns nährt und da sein lässt.
Manchmal braucht es nicht viel. Einen Menschen, den man um den Hals fallen kann, um die Halse des Lebens zu schaffen. Eine Wende nach dem Wind, wenn es anderswo nicht weiter geht. Der Ruf ins Neue, wenn das Leben nicht mehr zu meistern ist.
Ich denke, die beiden sich sich darin treu geblieben.
Sie verdienen unseren Respekt.
Gestorben durch eigene Hand - zusammen mit seiner Frau. Ein Tod, der berührt, erinnert er doch ans Leben und die Liebe, die nicht aufhören mag, wenn der eine geht und der andere hinter-blieben ist. Das wäre nicht auszuhalten gewesen, weder hüben noch drüben.
Daher klingt es folgerichtig, wenn als letzter Satz von beiden zu lesen ist: »Oft haben wir uns gesagt, dass wir, sollten wir wundersamer Weise ein zweites Leben haben, es zusammen verbringen möchten.«, so überliefert die ZEIT die letzten Worte der beiden.
André Groz war einer der profiliertesten philosophischen Stimmen und hat nun sein eigenes Schweigen eingereicht. Sein Tod zuletzt redet noch, seine Worte verstummen nicht über diesen Tod hinaus haben die beiden ein Buch veröffentlicht, posthum und sehr lebendig: Briefe an D. Dass die Liebe sein kann vor dem Tod, im Tod und darüber hinaus, dass ein Mensch seine Existens binden kann und darin sich zu seinen eigenen Fähigkeiten befreit sieht, ist kaum nirgends ansichtiger als an den beiden.
Hier der aus seiner ersten Identität vertriebene Jude, der im Exilsland Schweiz (mal wieder und immer noch die) seine Dorinne trifft. Da die englische Frau, die liebt und sonst nichts, die Zeit ihres Lebens englisch mit ihrem Mann spricht, während dieser nach Frankreich emigriert und Mitarbeiter von Jean Paul Satre wird und später noch mehr.
Ja, es gibt gute Beispiele der konvertierenden Identität, die sich selber such und findet in dem, was ihr begegnet. Und es gibt gute Beispiele dafür, dass der Wechsel bejaht, gewollt und gelebt werden muss wie ebenfalls der Abschied. Die jüdischen Geschichten wurden in Deutschland überwiegend vergessen, man erinnert sich ihrer als einer Reminiszenz mit dem Unterton des jetzt amtlichen Bedauerns und hat doch nicht verstanden, was uns alles dort verloren ging.
Verloren gehen - sich dem Tod anheim geben - gemeinsam und ohne Furcht, das haben nun die Groz auch gemacht. Eigentlich heißt André doch Gerhrard Hirsch aus Wien und niemand ermag mehr den Weg ermessen, den jener hinter sich gebracht hat gleichwie jene Frau, die einen Mann heiratete und über 60 Jahre lang begleitete, deren erste Projekte grandios scheiterten.
Im Scheitern einander treu zu sein - das mag auch jetzt gelten als beide sich dem Neuen übergaben. Man fand sie zusammen gelegt auf dem Bett, tod und umarmt, bleibend mit dem Hinweis auf der Türe, man möge doch bitte die Polizei rufen, damit niemand erschrecke vor dem Anblick zweier bis zum Tod Liebenden.
In der Zeit können wir nun kluge Sätze lesen wie diese: Die Liebe zu Dorine konstituierte die Existenz von André Gorz wie sein Werk. Jene Engländerin damals zu treffen, nach dem Krieg, in seinem Exilland, der Schweiz, kam für ihn, den entwurzelten Wiener Juden, der Entscheidung gleich, die Existenz nicht länger zu verweigern und sich aus einer umfassenden Erfahrung der Nichtigkeit, der Identitätslosigkeit heraus neu zu erschaffen.
Und zugleich kommen mir die Tränen in die Augen, weil man spüren und erleben muss, was es heisst, eine Existenz neu zu erschaffen. Dass man konvertiert von Gerhard Hirsch, Sohn eines Wiener Holzhändlers zu André Groz, der ein weltbekannter Philosoph und Sozialkritiker genannt wird. Was für Wege war er und seine Frau gegangen.
60 Jahre haben sie zusammen gelebt. In einem Augenblick sind sie auch zusammen gestorben. Es gab kein Abbruch des Schicksals, keine Abbitte des Todes, kein Vorher-Nachher und Danach. Die Gleichzeitigkeit der Liebe haben sie über den Tod gerettet. Und damit ihre Freiheit demonstriert.
Was mich berührt ist die große Frei-Willigkeit, dieser Welt, diesem Leben und allen Veränderungen in ihm zu begegnen - bis in den Tod. Ein tiefen Einverständnis in das, was uns am Leben hält, was uns nährt und da sein lässt.
Manchmal braucht es nicht viel. Einen Menschen, den man um den Hals fallen kann, um die Halse des Lebens zu schaffen. Eine Wende nach dem Wind, wenn es anderswo nicht weiter geht. Der Ruf ins Neue, wenn das Leben nicht mehr zu meistern ist.
Ich denke, die beiden sich sich darin treu geblieben.
Sie verdienen unseren Respekt.
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