Donnerstag, September 28, 2006

Wechsel Fieber

Gestern, während ich den Talar in Düsseldorf wohl endgültig nieder legte, fand sich eine Mail in meinem Briefkasten von einer Frau, Mitte vierzig, die vor ihren Veränderungen stand. Ein Jahr gesicherte Existenz noch als TV-Produzentin, danach .... ???

Die Mail war lang und sehr, sehr ausführlich und erinnerte mich sehr an meine Traktate, die ich vor meiner Konversion zu schreiben pflegte, ein Gespräch mich sich selber, die Versuch, sich dialogisch zu vergewissern. Ich glaube, solche Angebote sollte man annehmen, durch Austausch zunächst in Wort und Schrift.

Daher schrieb ich ihr heute folgende Mail zurück:

Sehr geehrte Frau Becker,
( .... nennen wir sie so .... )

Ihre Mail ist lang und ausdauernd. Danke vorab für die vielen Zeilen, dem was dort geschrieben ist und dem, was zwischen den Zeilen steht. Umbruchzeiten sind Zeiten der Angst und der eigenen Verunsicherung. Man hat Pläne im Kopf, die beim nächsten Schritt schon zerplatzen können. Daher ist der Moment der Achtsamkeit und Stimmigkeit sehr wichtig. Dass Sie sich mit dem, was Sie JETZT tun sicher und richtig fühlen - egal was morgen sein wird. So habe ich meine Konversion erlebt, das Ziel war dabei sehr unterschiedlich gefasst und durfte sich verändern.

Sicher ist die Arbeitswelt genau umgekehrt geplant. Ziele müssen erreicht werden. Schritte möglichst rasch erfolgen. Performance gilt als Zauberwort. Das Umdenken ist nicht immer einfach, aber es gehört dazu.

Ihren Zeilen entnehme ich gleichzeitig den Wunsch nach Austausch und Begleitung. Sollte ich mich dort irren, korrigieren Sie mich bitte. Das kann ich Ihnen gerne auf unterschiedliche Weise anbieten, darüber sollten wir uns dann verständigen.

" Aber ich glaubte immer daran, eines Tages mit entsprechender Erfahrung und Qualifikation, im höheren Alter „besser zu fahren“. Ätsch, falsch gedacht."

Die Angst in unsere Generation, - ich bin ´59 geboren - ist mit Händen greifbar. Es ist oft noch ein Roulette Spiel, wer drauf bleibt und wer nicht. Makro Ängsten - so werden sie genannt - kann man mit persönlichen Überlebensstrategien nur bedingt entgegen treten, es triff alle, egal ob sie Leistung zeigen oder nicht. Gut ist es dagegen sich zu organisieren und zu verbinden.

"Ka-füng" - wovon sie schrieben - kann da eine Möglichkeit sein. Warum nicht. Vielleicht entwickeln sich andere Perspektiven, indem man Schritt für Schritt los geht. Das ist wie ein Kaleidoskop, dass bei jeder Drehung neue Bilder zaubert, bei immer denselben Zutaten.

Gerne würde ich weiter reden mit Ihnen. Teilen Sie mir doch bitte mit, ob und in welcher Form sie das wünschen. Vorab - und aufgrund zweier Termine heute morgen, erst mal diese Antwort. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung.

Karin Kammann


Das wäre die Richtige Gattung für ein Coaching: Change Kassiber schreiben. Denn darum geht es ja, Kassiber in die Betriebe zu schicken, die die Leute wieder ermächtigen, handlungsfähig zu sein. Egal was wird.

Ein schönes Wort - oder?

Ihre Antwort kam prompt zurück: Liebe Karin,

darf ich DU sagen? (...)

Ich lass es mal auf mich zukommen, momentan kann ich ja noch panikfrei agieren, weil ich diesen Job habe, aber leichtes Muffensausen stellt sich eben schon jetzt an, wenn ich an meine Zukunft denke. Schließlich komme ich, kommen wir aus einer Generation, der gesagt wurde: Ihr schafft alles, Ihr könnt hinschmeißen, Ihr könnt Euch ausprobieren, Ihr schafft alles. Ehrgeiz wurde eher nicht gefördert, sondern (und das war schön) ein grenzenloses Gottvertrauen und Spassss am Leben. Mittlerweile, und dabei meine ich nicht die Alterungserscheinungen, merkt man, dass man in dieser Gesellschaft eher zu den Verlierern zählt. Ich habe keine Kinder, kein Haus, keinen Mann, kein Vermögen, kein Hippieleben auf Ibiza, ich krieg nicht einmal Bankkredite. Ich kraule noch über der Wasseroberfläche, um dieses anerzogene und erlernte Gefühl der Zuversicht zu behalten, ich suche nach Visionen für (meine) Zukunft, in der ich mich wohlfühlen kann. Und ob sich meine Vorstellungen möglicherweise mit Vorstellungen anderer Menschen (die vielleicht vermögender, noch ängstlicher, einsamer, hartnäckiger oder mächtiger sind) decken könnten, versuche ich durch mein Mail an (u.a.) dich herauszufinden.

Ich wünsch dir und deinen Lieben Bestes,
Sonne, Licht, Liebe, Wohlsein!

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