Dienstag, Juli 11, 2006

Flatline

Es war am Sonntag Morgen. Acht Uhr und das Telefon schellte. Eine gute Freundin sagte "Hallo". Sie erntete ein müdes "Uaaahhh". Dann legte ich kommentarlos auf und drehte mich um. .

Es war acht Uhr fünfzehn. Das Telefon schellte erneut. Manchmal kann man am Klingeln erkennen, wer dran ist. Es kam das bekannte, etwas zögerliche "Hallo?". Keine Antwort meinerseits. Am anderen Ende klackte es. Jetzt hatte sie aufgelegt.

Acht und fünfundzwanzig. Das Telefon klingelte erneut. Zum Glück habe ich es am Bett liegen. Genervt drehte ich mich um. Ich ahnte was kam. "Hallo ???" "Was ist es denn?" fragte ich mürrisch in die Muschel. Nur zu genau wußte ich, wer an der anderen Leitung war.

"Ich bin es!" kam es zurück.
"Ja, das habe ich mir gedacht. Was gibt es denn so Wichtiges, dass Du ich Sonntag morgens bei mir dreimal melden musst?" fragte ich, da ich nun schon mal wach war.
"Oooch" dehnte das Wort sich, "eigentlich nichts Besonderes. Es ist nur ..."

Geschichten kamen mir in den Sinn. Alle Katastrophenmeldungen bei ihr fingen so harmlos an. Nein, es war nichts geschehen und am Ende hing sie heulend wie ein Waschlappen an der Leitung und wollte nur getröstet werden. Ich sah auf den Wecker. Acht Uhr vierundreißig. Wie man mit so wenig Worten so lange reden konnte? fragtet ich mich noch, als sie weiter fuhr.

"Fällt Dir denn gar nichts auf?"
"Doch, Du hast mich schon zum dritten Mal angerufen. Es muß also wichtig sein."
"Nein, ist es eigentlich nicht." versuchte sie mich zu beruhigen. Das wird ja noch schöner dachte ich. Erst versetzt sie mich in einen alamierten Wachtzustand, nur um dann zu berichten, dass nichts sei. "Also komm, was ist es denn ... !!" sagte ich genervt.

"Ja ja, ich zeig es Dir mal !!" echote es an der anderen Leitung. "Du wirst es nicht glauben!" Ich war auf alles gefaßt. Nur darauf nicht. Klack machte es in der Leitung. Aufgelegt. Einfach so.

Bevor ich das Telefon auf den Nachtisch legen konnte, klingelte es erneut.
"Ja was denn ....??"
"Hast Du es gemerkt? Hast Du es nicht gemerkt ???" kam es vom anderen Ende.
"Ja was soll ich gemerkt haben? Bitteschön ... "
"Dass ich von meinem Handy aus anrufe ..."sagte sie.
Das war mir in der Tat entgangen.

"Ja bist Du denn nicht zu Hause?" fragte ich besorgt zurück. Bekannt waren ihre Eskapaden, sich irgend einen Körper einzufangen. Gerade am Wochenende. Man mußte Sorge haben, konnte ich sie hier und da doch nur durch gezielte Internventionen retten. Aber so schlimm klang es diesmal nicht. Komisch.

"Nein nein", kam es aus dem anderen Ende der Leitung.
"Ich bin nicht weg. Ich bin tatsächlich zu Hause." Ein Stein fliel mir vom Herzen. Ich konnte liegen bleiben. Wenigstens das.

"Und warum nimmst Du das Handy. Hast Du zu viel Geld oder bist Du zu betrunken, um dein Telefon wieder zu finden?"
"Heiss, gaanz heiss ... " kam es zurück.

Ich wunderte mich über ihre ausgesuchte Fröhlichkeit. Sowas kannte ich nicht an ihr, zumal an einem Sonntag Morgen.
"Also, betrunken bist Du wohl nicht?" begann ich mein Ausschlußverfahren.
"Nein!" kam die knappe, lächelnde Antwort.
"Zu viel Geld ... hm, bei Deinem Lebensstil kann das wohl auch nicht sein. Eine Beförderung? Hast Du einen neuen Job bekommen?"
"Auch Nein!" echote es mir entgegen.

"Dann weiss ich nicht weiter. Mensch, spann mich doch nicht so auf die Folter. Ist doch teuer genug!"
"Eben nicht !!" kam es triumphierend zurück.
"Aha !" kam es etwas müde von meiner Seite.
"Ich habe meinen Handy Tarif gewechselt!"
"Ja und ..... !!!"
"Jetzt habe ich alle Festnetzgespräche von zu Hause frei. Stell Dir vor, ich zahle gar nichts mehr dafür. Null. Nix. Niente!" begeisterte sich mein Gegenüber.

"Und das musst Du mir am Sonntag morgen mitteilen, indem Du mich drei Mal hinterinander anrufst ??" fragte ich ungläubig.
"Stimmt nicht!" sagte sie. "Es war vier Mal und alle Male für Nichst. Genial oder?"
"Ja - einfach klasse!" gab ich erschöpft zurück.
"Und Dich zu Hause zu ereichen - dass schaff ich ja nur noch Sonntag morgens. Sonst bist Du ja immer unterwegs. Und auf dem Handy Dich anrufen ... das ist mir ehrlich gesagt - zu teuer."
Sagte es und legte auf.

Gestern stand ein Telefon Vertreter vor unserer Türe. Eine wunderschöne Broschüre in der Hand. Gerade wollte er den Mund auf machen, da schrie ich ihn an: "Sie können Ihre Flatline sich sonst wo hin schieben, lassen Sie mich einfach nur in Ruhe." Sagte es und schlug die Türe zu.

Wahrscheinlich wird er dieses Vorkommnis sofort an seinen Chef gemeldet haben. Allein um sich wieder aufzubauen.

Zum Nulltarif mit der Flatline, versteht sich.






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